Und das will man ja nur: die Freiheit eben
Zu werden nicht wie das, wonach wir streben.
Zu werden nicht wie das, wonach wir streben.
Divan 292, “Black Messiah”
Ich habe mich als Kind sehr für das Inkareich interessiert.
Eine organisierte fremde Gesellschaft.
Unglaublich durchorganisiert und wildfremd.
Das Fremde, dennoch durchorganisierte, also diese andere
Organisation faszinierte mich, diese verschiedenen
Organisationsmöglichkeiten. Das Fremde aufgrund der
Fremdheit, das Organisierte aufgrund der Nähe.
Fremdes Chaos ist nicht so stark.
Ich habe es nie bis zu den Anden geschafft.
Nicht schlimm, die Peruaner kommen ja her.
Ich kenne hier ganz in der Nähe einen:
Mit dem Haarschnitt eines Inka, dem Namen
Eines Inka, sehr stolz auf sein Inkatum
Und sein, wie er versichert, gepflegtes Quechua.
Ich kann es nicht einschätzen, aber klingen
Tut es schon so, wie ich mir das immer vorgestellt habe.
Er wohnt nun aber eben ganz in der Nähe, ist
Ein Bekannter, kein Fremder, und irrt im übrigen
Wie eigentlich alle meine Bekannten
Eher planlos durch das Leben.
Ein glattes Wunder, dass er es in unserer
Durchorganisierten Gesellschaft überhaupt bis zur
Aufenthaltsgenehmigung geschafft hat.
Ich darf es ihm nicht sagen, aber
Dass ich ihn kenne, hilft mir keineswegs
Das Inkareich zu verstehen.
Unorganisiert ist aber auch nicht gleich unorganisiert.
Er ist und bleibt in vielen Dingen jedenfalls
Ein völlig anderer Schlamper als beispielsweise
Ich es bin, ist also doch möglicherweise ein Inka
Wie er originaler nicht zu denken ist.
(Seinen Arbeitsponcho und diese läppische
Flöte, in die er berufsbedingt bläst
Kann ich ihm dabei schwerlich vorwerfen.)
Ein Fremder hat jedenfalls Schwierigkeiten
In der Fremde ein Fremdling zu bleiben
Ob nun durchorganisiert oder nicht.
Am Ende läge genau darin das
Zeitlose Geheimnis jeglichen Inkareichs:
Im Ganzen unfassbar strukturiert und eigentümlich
Doch im Einzelnen bestehend aus lauter
Bloßen Lebenskünstlern wie meinem Bekannten.
2. Februar 2011
(Photo: lonstuag)