mercredi 29 juillet 2015

Herkunft

Man wurzelt schnell ein –
Zwei oder drei Generationen genügen.
Die Vorfahren waren eingewurzelt

Und zogen doch immer wieder um
Gehörten verschiedenen Völkern an
Darunter auch speziell umziehendem

Und wirken doch überall schon verwurzelt
(Oder wenigstens nicht entwurzelt)
Falls einmal die Sprache auf sie kommt.

Liegt das an der Sprache, an den
Vorfahren oder war es damals einfach so?
Zu lange her, man kann es nicht mehr entscheiden.

Ich bin jedenfalls auch umgezogen
Und Einwurzelung ist gerade nicht, jawohl
Das glatte Gegenteil scheint an der Tagesordnung

Und darum weiß ich kaum, wie sie gedacht haben
Was sie allweil so umtrieb, geneigte Vorfahren
Inwiefern in ihrer grauen Vorzeit

Sie sich also auch voneinander unterschieden
Und nicht nur etwas andre Rituale pflegten
Und sich etwas anders ernsthaft gaben.

Wie ein Frankenstein aus ihnen zusammengefügt
Lebe ich so, als sei alles neu: neu, ungedacht
Und unterschiedlich, aber alles in allem

– Das heißt im Anderswo irgendwo –
Muss ich ihnen dann wohl ähneln, meinen Vorfahren.
Ist das gleichgültig?

Man gewöhnt sich an das Neue
Doch an das Alte kann man sich nicht mehr gewöhnen
Denn es ist schon wie vergangen.


Origine

C’est vite arrivé qu’on prenne racine –
Deux ou trois générations suffisent.
Les ancêtres avaient pris racine.

Pourtant, ils ne cessaient de bouger
Appartenant à des peuplades diverses
Dont une qui est spécialement déménageuse

Tout en donnant l’impression d’être enracinés
(Ou du moins pas trop déracinés)
Quand il se trouve qu’on parle d’eux.

Serait-ce à cause du parler, à cause d’eux
Ou était-ce tout simplement comme ça autrefois ?
Cela fait bien trop longtemps, on ne saurait plus le dire.

Moi aussi, j’ai bougé, pour l’instant
Sans qu’il y ait eu enracinement, hélas
C’est le contraire qui est à l’ordre du jour ;

Et voilà pourquoi je ne sais guère leurs pensées
Et ce qui a dû les remuer, ces chers ancêtres
Et en quoi, en leur immémoriale grisaille

Eux aussi se distinguaient nettement l’un de l’autre
Au-delà de s’adonner à des rituels différents
Et d’être sérieux chacun à sa manière.

Tel un Frankenstein composé d’eux tous
Je vis comme si tout était neuf : neuf, impensé
Et dissemblable, mais, tout compte fait

– Bien quelque part dans mon ailleurs –
Je dois alors leur ressembler à mes ancêtres.
Serait-ce sans importance ?

Si l’on finit toujours par s’habituer au neuf
Impossible de s’habituer à l’ancien
Car celui-là, il est déjà comme parti.


25 Juillet 2015

lundi 27 juillet 2015

Von den Fundstücken

Er sagt, er sucht nicht nach ihnen
Erwartet jedoch, dass sie kommen.
Dass sie auf ihn stoßen, ihm zustoßen.
Damit sie aber kommen, muss er gehen.
Er muss rennen, damit sie ihm nachlaufen.
Doch wenn sie dann irgendwo auf ihn stoßen
Haben sie sich von ihrem Geburtsort entfernt.
Es wäre schön, sie noch an ihrer Quelle zu finden
Ganz herrlich, gleich an der Quelle darauf zu stoßen.
Also dort, wo sie sich tränken. Aber das geschieht selten.
Und ob es dann die gelungensten sind, ist eine andere Frage.

Darum behilft er sich mit dem reinen Wegrennen vor ihnen.
Mit jenem Wegrennen, das freilich einem Warten ähnelt
Dem wenigstens hoffnungsvollen Fliehen sozusagen
Und solche Kühnheit hat immerhin zum Ergebnis
Dass sie tatsächlich irgendwann auf ihn stoßen
Wenn auch erst weit entfernt von der Quelle
Denn um sie an der Quelle zu überraschen
Bräuchte es weniger Hoffen und Fliehen
Als schieres, ungetrübtes Nichtwollen
Was jedoch seine Kräfte übersteigt
Die allzu wunschbereiten Kräfte.

27. Juli 2015

dimanche 26 juillet 2015

On a Close Shave

     Now any different, shaven pan?
So, was that soul’s patch naught but fly
A stylish trick and alibi
    The mental piece (you’ll catch my drift)
Being a barren bluff again
And no more hotbed breeding thrift
Nor nest for knickknack, chin-aware?

    Like any other, barbered skin
Must shine its truth, in mirror style
As if lost outgrowth by some wile
    Would clear one’s mind, and yet lay bare
The yarn spun by the raffish chin.
So, any different? Anywhere?
– Nah. Just another fashion shift.

July 25, 2015

mardi 14 juillet 2015

Sündenfall


i. Worauf es ankommt

Die Früchte der Erde genossen –
Nicht als Obst, sondern durch die Brennblase gegangen;
Das Destillat zuvor bezahlt mit Geld;
Dieses Geld durch Nichtstun erworben (schändlich!);
Destillat aber die Grundlage für ein neues Gedicht.

Lebenswasser = Menschenwerk
Dichtereien = Menschenwerk
Jedoch unter anderen Bedingungen.

Mit den Früchten der Erde weiß jeder etwas anzufangen;
Mit dem daraus Gebrannten eigentlich auch;
Aber mit dem aus Brand sublimierten Wortgebäude?

Es gibt Menschenwerk und Menschenwerk
Insofern es hierzulande an Erwartungen mangelt.


ii. Wo wird es sein?

Wartet einer darauf?
Nein, niemand.
Arbeitet einer daran?
Ja, jemand.
Wo wird es sein, dieses Werk?
In der Erwartung: nirgendwo
Aber irgendwo.

Das Werk kommt seinem Schöpfer gleich
Und der Schöpfer seinem Werk –
Das ist hiermit bewiesen.

Und rechtfertigt selbst das verborgene.


iii. Die Lehre

Was freilich sollen Rechtfertigungen
Wo doch der reine Alkohol genügt?
Der Mensch soll sein Werk nicht zu weit treiben
Wenn er möchte, dass es für sich selbst spricht.

Das Werk, das nicht mehr für sich selbst spricht
– Ob erwartet oder nicht –
Ist nur noch den Menschen wert
Der es fabriziert hat.

Eine Lehre, egal
Ob für den Menschen
Oder sein Werk.

8. Juli 2015