vendredi 22 février 2019

Trauergesang auf einen alten Park

Rosen und Narzissen:
Die Hosen sind verschissen.
Narzissen und Rosen:
Dann wechsle die Hosen.

Chrysanthemen, Lilien und Dahlien:
Und wer soll die Waschfrau bezahlien?

    Die Waschfrau und den ganzen Scheiß?
    Johanniskraut und Ehrenpreis!
    Der Nimbus ist und und bleibt versaut:
    Johannispreis und Ehrenkraut!



Nelken und Tulpen:
Ihr seid alle Nulpen.
Tulpen und Nelken:
Auch Nulpen verwelken.

Dahlien, Lilien und Chrysanthemien:
Ihr solltet euch aber was schämien!

    Was schämien und in euch gahn
    Klee, Wegerich und Löwenzahn!
    So wie ich selber in mich geh
    Potz Löwenwegerich und Klee!



                                      *


Viel schönes Unkraut im erneuerten Park
Hat die altväterlichen Blumen ersetzt.
Es ist jetzt halt so, Dummerle.
Anscheinend ungestört wachsen lassen
Tatsächlich aber doch kontrollieren
Ausdünnen, regulieren
Mit unsichtbarer Hand –
Diese neue Freiheit ist zwar keine
Sieht allerdings verdammt echt aus.
Man hat dazugelernt:
Erst französisch, dann englisch, und letztlich das da
Inmitten zerstörter Natur.

Am Ende fragst du dich
Ob du einem solchen die Gartenschauen
Nach dem Lineal der Spießer nicht noch vorziehst.
Da wusste man wenigstens, woran man war.

 22. Februar 2019

Viel schönes Unkraut 
[Photo: Lorène Lavocat, für Reporterre]

mardi 19 février 2019

Jahreszeiten, Tageszeiten


1. Frühling

Der Frühling kommt. Ist er des Winters Lohn
Wie etwa Morgengrau nach einer Winternacht?
Es sind jetzt Zeiten, wo nichts mehr erhellt
Und „Vorwärts!“ mehr bekümmert als „Zurück!“

Von nun an schadet zu genauer Blick;
Besser, die Linse ist auf ungefähr gestellt
Und, was denn sein muss, wird dazugedacht;
Adorno spricht bei Eichendorff davon.

Ja, etwas Trost bleibt hinter Nebelwänden.
Ja, Tag soll, kaum begonnen, wieder enden.


2. Phosphorlicht


Ist es das, was am Ende zählt?
Spätabends Phosphorlicht, als ob
Ein Ufo landen würde.
Es ist dies, Bruder, keine Bürde
So Fremdes in der eignen Welt.

War auch nicht viel zu sehen:
Wir traten aus der Dunkelheit
Doch hielten uns gebannt
Hänsel und Gretel an der Hand;
Es knirschte unter unsern Zehen.

Nichts andres kann es geben!
Und tät sich gar der Boden auf
Ein Zauber, Phosphorlicht –
Unwirklich, Schwester, wär es nicht
Nicht mehr, als alles Menschenleben.

[Luminescence. Serait-ce ce qui compte enfin ? / Très tard, cette lueur comme si / Atterrissait quelque ovni. /  N’est point lourde à porter, mon frère / Chose étonnante en notre sphère. // Si peu à voir et néanmoins / Nous sortions de l’obscurité / Hansel et Gretel fascinés / Mais en nous tenant par la main ; / Sous nos pieds craquait le terrain. // Il n’y a certes rien d’autre, rien ! / Et même si le sol s’ouvrait : / Magie... luminescence... rais... / Seraient, ma sœur, aussi réels / Que nos destins sont naturels.]

19. Februar 2019

vendredi 15 février 2019

Two Kitsches


1. Paris Kitsch

Da lese ich mal wieder in der Muttersprache von meinem Umfeld und es kommt auch beim „Weltoffenen“ unverzüglich die „Pariserin“ und „das“ Baguette vor, immer noch, und dann am Ende womöglich noch der beliebte Lyriker, der vom Pont Mirabeau springt, denn schließlich fließt drunter die Seine et la joie vient toujours après la peine.
Ich muss blind sein, doch Leute, die offen sichtbar mit ihrem Brot bewaffnet herumlaufen (port ostentatoire, gesetzl. geregelt), sehe ich recht selten, meist steckt das lange Trumm irgendwo mehr oder weniger gut verborgen – ich überraschte nur einmal einen mit seiner Krücke unterm Arm davoneilenden Piccoli – bei „Pariserinnen“ kann man sich nie sicher sein, ob sie nicht eher aus dem idyllischen Trifouilly-les-Oies stammen, und sehr, sehr viel häufiger wählt selbst der lebensmüde Intellektuelle den Sprung vor die Metro (ärgerlich, gibt Verzögerung) oder auch einmal den Kleintransporter einer Wäscherei. Kleintransporter und Wäscherei, falls man das Schmutzige an der Unterwelt scheut. Freitod via Brücke ist wirklich selten, das Seinewasser ist schlicht nicht einladend genug, aber vielleicht gelingt es eines Tages ja, es zumindest so attraktiv wie die bumsvolle Suppe in der sel. Piscine Deligny zu machen. Warum nur ist kein Ende beim Pariskitsch abzusehen?
Die örtliche Bevölkerung hat in null Komma nichts das Gauloises-Rauchen aufgegeben, bewegt sich immer weniger in verbeulten Gebrauchtwagen fort, und ist, Femino-Stalinismus sei Dank, mittlerweile auch dabei, das Dragieren und Dragiertwerden zu verlernen; man versteht darunter eine bestimmte Art der Kontaktaufnahme, die Deutsche zwar aus Filmen kennen, wofür es in ihrer Sprache aber meines Wissens keinen passenden Ausdruck gibt. Ich befürchte allerdings, der Pariskitsch wird selbst das noch überleben. Dabei gibt es tausend triftige Gründe, hier trotz allem euphorisch herumzuturnen.

French law, as far as I’m au fait
With it, bans concealed carrying
Of bread, their world-renowned bagay
Has to be toted openly
    In public space, a sound position
    Given the role of posh nutrition.

Paris is peaceful, though it may
Resolve to take out Fairy Queen
But then in its own stylish way:
See it, race through it and thus die.
    (A plot spot à la Morrison
    Rewards upmarket tourism.)


2. Berlin Kitsch

Es wachsen dort begabte Leute heran, zuweilen hochbegabte, namentlich auch unter den Wortingenieuren, die mit ihrer Begabung dann offenbar kaum etwas anfangen können, es ist ein Drama der Verschwendung in einem so der Verschwendung abholden Land. Die Produkte, die sie herstellen, sind ausgezeichnet, häufig geradezu genialer Konzeption, voller großartiger Details, haben allerdings nur einen ganz beschränkten Gebrauchswert, und jenseits der Landesgrenzen fast gar keinen mehr. Weil sie dem Exportweltmeisterland entstammen? Es sieht danach aus. Das Land befruchtet sie, aber wie soll jemand, der sich von so einem befruchten lassen muss, etwas zu sagen haben außer: Wovon ich mich nun einmal leider befruchten lassen muss, das gefällt mir letztlich nicht, denn ich bin, als Frau ohnehin, doch auch als Mann, vom Temperament her zu nahe bei meinen Kompatriotinnen, wir passen einfach zu gut zueinander, und deshalb haben wir kein anderes Thema als unser unglückliches Selbst, erfasst in seiner Erdrücktheit unter der Masse von zu regem literarischen Leben erweckten Trostlosigkeiten, oft den perfekten Resultaten örtlicher Ingenieurskunst. Auch außerhalb des Exportweltmeisterlandes zerbrechen ständig Beziehungen, aber der Exportweltmeister an reflektierter grundlos kaputter Beziehung ist und bleibt der Exportweltmeister, nur lässt sich das, im Gegensatz zu Maschinen, zu unser aller Glück kaum exportieren.

This fine place brims with commonplace
Like everyday domestic fight;
They seem to have no graver issues there.

To appreciate the local Bear
One has to fly in over night
And relish the unblonding of a master race.


February 15, 2019

jeudi 14 février 2019

Das Land im Himmel

Diese ständig verreisenden Deutschen scheinen sich bei sich eben nicht so recht wohl zu fühlen. Warum nur? Gibt es einen Grund? Ich sehe ihn für sie nicht, sehe nur, dass sie in der irgendwie nicht so recht von ihnen geliebten Heimat – jedenfalls nicht ausreichend geliebt, um nicht bei der geringsten Gelegenheit daraus für Tage oder Wochen zu verschwinden – ihren steuerrechtlichen „Lebensmittelpunkt“ haben, dort das Geld für ihre reflexhaften Landfluchten verdienen. Als dialektischer Materialist ist damit alles für mich gesagt, ich muss nicht weiter ergründen.

Heimat, oh schöne Heimat.
Die schöne Heimat, die beginnt, wenn ich mit dem Auto
Bei Peterstal die steile, verschlungene Schwarzwaldroute
_________________________________________hochfahre
Die wunderschöne mir unbekannt gewordene Heimat
Keine Ahnung, wie die Menschen dort denken und leben
Wenn ich an der Tankstelle zum ersten Mal wieder
Nach sehr langer Zeit
An einen mir unbekannten Landsmann das Wort richte
Und er antwortet mir ganz selbstverständlich
Weil er natürlich nicht erkennen kann
Dass es oft einen Sekundenbruchteil dauert, bis ich
Den passenden Ausdruck gefunden habe
Dass ich simultan aus einer anderen Sprache übersetze, wenn ich
In meinem wie in Formol konservierten altbadischen Dialekt mit
______________________________________ ihm verhandle
Dass ich von vornherein in der schwächeren Position bin
Wie einer, der im Spiel den Ball bergaufwärts werfen muss
Und es mich plötzlich schaudert:
Bergaufwärts, bergaufwärts, ja, die
Fremdeste Fremdheit ist die unbemerkte
Die fremdeste Heimat die meine

Und sie liegt nicht im Himmel.

12. Februar 2019   [Von Heimat II]

mercredi 13 février 2019

Fexe

Der friedensbewegte Deutsche, dem, persönlich zu Recht oder Unrecht, der Ruch des bekehrten Schlägers anhaftet, dieser Friedensbewegte hatte seinen Anflug von Rechtfertigung in Kleinstaaterei. Und, es fiel uns bloß nicht so richtig auf, solange es noch die alte Bundesrepublik und die DDR gab, war dieses alte romantische und notgedrungen friedfertige kleinstaatliche Deutschland ja wiederauferstanden. Die wirklich große Zeit der Friedensfexe kam allerdings nach der Wiedervereinigung, als sich eine Art großdeutscher Großmannssucht über die Hintertür, auf Sammetpfoten, wieder eingeschlichen hatte, mit der Preußenhauptstadt als trendigem Mittelpunkt, mit neuem deutschen Sonderweg und so, wiedererlangter „voller Souveränität“, die vielleicht sogar erlauben könnte, die Rolle eines Züngleins an der Waage zwischen den USA und Russland zu spielen, und dem erbärmlichen FDP-Minister-Ansinnen nach festem Friedensapostelsitz im UN-Sicherheitsrat, weil der Deutsche es schließlich besser weiß, genug unter den von ihm angezettelten Kriegen gelitten hat und seither nur noch Apfelsaft verträgt. Die Wiederkunft des Unangenehmsten ist immer das Wahrscheinlichste bei den Völkern.

Als sie noch rein aus Größenwahn
Und gleichzeitigem Minderwer=
Tigkeitskomplex die Bösen warn
Es ist noch gar nicht lange her

Als sie noch deutsch warn wie Germanen
Und noch nicht so wie die von heute
Sich schämen mussten ihrer Ahnen
Warn es doch schon dieselben Leute.

Nun sind dieselben deutlich besser
Und glücklicher komplexbeschwert:
Es reicht nicht mehr zum Menschenfresser
Nur noch zu Meister Ehrenwert

Nur grade noch zum Pädagogen;
Der Rest der Welt bleibt ungezogen.

12. Februar 2019   [Von Heimat I]

mardi 12 février 2019

De l’ordre des choses


1. Affût perché

Quand je me suis trouvé mon lieu d’observation
Dans les arbres
Mais des arbres citadins
Ce n’était pas de là
Que j’aurais pu observer les saisons
Donnant de persistantes images de feuilles usées
Qui prennent des teintes de feu pour se détacher en flammèches
Aux premiers coups de vent perdus
Ou de celles qui se reforment sur les branches effeuillées,
_________________________________tendre vert enroulé
Pour insister, candidement, sur un nouvel élan
Automne avant printemps, dans cet ordre
Suivant la logique du calendrier hébraïque ou scolaire* :

Ce qui danse ici en automne, ce n’est pas feuillage
Et ce qui insiste au printemps, ce n’est pas feuillage non plus
Tout ici est faune, est gibier, est chair
Chair enflammée qui pourtant tombe, ou chair qui se fait.
Ici, la saison se passe une fois pour toutes
Ici, on ne vit qu’un seul printemps et un seul automne
Et dans cet ordre.
Ici, la nature s’exprime dans les gens
Parfois dans des arbres mais
Qui doivent faire sans.
Ici, point d’éternel retour
Pour soulager les pauvres âmes.

* Cette remarque concernant le début de l’année, d’un genre qu’on peut sans peine trouver soi-même, je l’ai en fait piquée à Linda Pastan, dont les excellents poèmes sont seulement un petit peu gâchés par la circonstance que leur créatrice évolue de toute évidence dans des sphères fortunées. (Another Autumn, in: The Last Uncle)


2. Nu sentimental

Les personnes de ma connaissance qui ont eu des affaires spécialement avec des soldats, ne s’y étaient pas engagées parce qu’elles aimaient les uniformes ou en pinçaient pour des vainqueurs et prenaient ces combattants à peine adultes pour tels, mais plutôt parce que leur sort les touchait au cœur. Elles les fréquentaient parce qu’ils avaient l’air si misérables : dressés aux traumatismes, ils leur semblaient des vaincus même si une guerre n’avait pas encore eu lieu. Elles couchaient avec eux aussi et surtout parce que les gars devaient avoir besoin de consolation. Le sex-appeal des petits militaires s’apparente à celui des chiens battus, et que le plus souvent ils n’en ont nullement conscience, rend leur charme d’autant plus ravageur.

C’est un nu et un nu sentimental, les nus
Ne le sont pas facilement, sentimentaux
Et s’ils parlent aux sentiments, ils sont déjà
Plus nus que nus, aux qualités pour philosophes.

Normalement, c’est le regard qui t’apostrophe
Non pas la peau, et moins encore peau qui n’a
Ni bouche ni regard car étendue, de dos
Là où la vie n’est que surface ou étendue.

Armurés par-dessus, camouflés en héros
Nus en peaux de soldats, faits de vulgaire étoffe.

[Diejenigen Personen aus meinem Bekanntenkreis, die sich speziell mit Soldaten eingelassen haben, taten es nicht deshalb, weil ihnen etwa die Uniform so gefiel oder sie etwas für Sieger übrig hatten und diese jungen Männer dafür hielten, sondern viel eher deshalb, weil sie ihr Schicksal innerlich anrührte. Sie ließen sich mit ihnen ein, weil sie so unglücklich, so auf Traumata gedrillt, so nach schon Besiegten aussahen, selbst wenn überhaupt noch kein Krieg stattgefunden hatte, und schliefen mit diesen kaum erwachsenen Kriegern vor allem auch deshalb, weil die den Trost nötig zu haben schienen. Der Sexappeal der unteren Ränge ähnelt dem von geprügelten Hunden, und dass denen das meist nicht bewusst ist, macht sie nur noch betörender.]


7  Février 2019

lundi 11 février 2019

Exode rural

L’exode rural est un phénomène qui continue et on peut se poser la question – et je l’ai fait – pourquoi l’humanité est la seule espèce sur terre qui préfère, pour elle-même, l’élevage en batterie à celui en plein air. Mais les choses sont ce qu’elles sont, et en tant qu’humain évoluant en batterie je ne suis guère qualifié pour critiquer.
On connaît les effets dévastateurs sur la sexualité d’une vie en communauté trop serrée. Si le paysan a du mal à trouver des congénères, il a toujours, à l’instar de ses bêtes, la possibilité de s’acoquiner avec du non-congénère, alors que le citadin, entassé, stressé, dépassé, ne sait plus où donner de la tête. Le résultat est connu : les villes se peuplent de plus en plus de manière bigarrée tandis que la campagne, uniformément, se désertifie. La logique est implacable.
Quand je vois la foule de jeunes hommes, avec des tas de mioches accrochés à eux, ravager les magasins bio en pleine métropole alors que les producteurs des victuailles ont de longue date cessé de féconder à succès, tout en sachant que ces jeunes citadins sont en général acculés à la plus sauvage des promiscuités reproductives, je ne me demande plus où le monde va, je le sais.
Heureusement, « Balance ton porc ! » est arrivé, mais avec un mot d’ordre qui loupe encore sa cible. Et le paysan, lui, il en pense quoi, de cette suggestion contre nature ? Il tient à ses bestiaux, le pauvre, il n’a rien d’autre, lui.

Tant que Blanchette, fallait la traire
Et qu’on allait saigner cochon
L’homme de bien savait quoi faire
De beaux jambons et gros nichons.

Depuis qu’il a quitté la ferme
Et qu’il n’égorge plus ses poules
L’homme de bien fait de son sperme
N’importe quoi, et tout s’écroule.

Trop tard. Le retour à la terre
Ne peut être une solution :
Quand le biquet se met à braire
Ne reste que la castration.


[When milking suited Molly’s teats
And sticking all the hogs
One still knew how a good man treats
Nice ham and brimful jugs;

But since that man abandoned farming
And stopped to neck the chick
Behavior patterns grew alarming
Uncheckable the prick.

Alas, too late for back-to-nature:
There ain’t no tutoring
Once minor ram has turned a major
Apart from neutering.]


11 Février 2019

dimanche 10 février 2019

On Possessing

Da gibt es wohlhabende Deutsche, die sich im Süden ein schönes altes Haus kaufen, es drängt die Deutschen ja wie zwanghaft in den Süden. Zum Renovieren lassen sie dann allerdings deutsche Handwerker einfliegen, denn den örtlichen kann man schließlich nicht trauen. Sie wollen es wie zu Hause haben, deutsche Wertarbeit, und damit gelingt es ihnen problemlos, den heimatlichen Muff noch in die südländische Villa zu holen. Stolz zeigen sie das Ergebnis ihren einheimischen Nachbarn, die bei aller Höflichkeit nur ihr Deutschenbild bestätigt finden.
Als das Haus meiner Großeltern zum Verkauf stand, griff ein Mann zu, der uns erzählte, dass dies schon immer sein Traumhaus gewesen sei. Schon als kleiner Junge habe er sich gesagt, in so einem Haus wolle er später einmal wohnen. Er verdiente dann genug, um es sich leisten zu können. Dieses Haus war umgeben von einem Garten aus lauter Obstbäumen, Beerensträuchern und allmählich verwildernden Rosen. Unverzüglich wurde das ganze Zeug abgeholzt und durch properen Rasen setzt, nichts als Rasen, saugepflegt, völlig offen zur Straße hin, damit man es auch gut sehen konnte, das Traumhaus. Er hat auch die alten Fenster sofort ersetzt: Traumhaus hat jetzt keine Fenster mehr, sondern verglaste Löcher. Wie es innen aussieht, will ich gar nicht wissen.
Andere umwerben ihren Traummenschen und sobald sie ihn haben, versuchen sie sich ihn zu unterjochen und all das köstliche Alte in ihm auszumerzen. Der Mensch ist nicht fürs Besitzen geschaffen, höchstens fürs Bewundern. Man muss das Bewunderte quasi schon vorher besessen haben, um es nicht, sobald man es auch von Amtswegen besitzt, zerstören zu wollen. Das Schon-vorher-Besitzen ist das der Erben, die über Jahrhunderte unangetastet lassen, eine Haltung des Niedergangs. Sie führt zu schönen Ruinen, denn ein Erhalten und Bewahren muss man sich auch leisten können, und das nötige Geld verdienen solche Menschen auf die Dauer natürlich nie.

When push comes to shove
And have comes to love
The ruin is near.

None of us to blame, dear
Tender heart, pretty dove
Time’s hanging above.

Things are getting bright
When blind comes to night:
We should not possess!

It’s all but a mess
When shine comes to light.
Close eyes and be quiet.

[Il y a des Allemands aisés qui s’achètent telle belle vieille demeure dans le Sud, on sait assez comment ce Sud les attire et obsède. Mais pour la rénovation, ils font venir par avion des artisans allemands, car on ne peut pas faire confiance aux locaux. Ils veulent que ça soit comme chez eux, du travail de qualité, et en effet ils réussissent à faire entrer dans leur villa méditerranéenne remugle et grisaille teutons. Tout fiers, ils montrent à leurs voisins du coin qui, courtoisement, se trouvent confortés dans leurs clichés sur l’Allemagne.
Lorsque la maison de mes grands-parents a été vendue, l’acheteur nous a dit que dès son enfance, il avait désiré vivre dans une maison comme celle-ci. Plus tard, il a donc pu se le permettre. Cette maison était entourée d’arbres fruitiers, de groseilliers et cassissiers, et de rosiers en train de redevenir sauvages. Toutes ces vieilleries furent aussitôt arrachées et remplacées par une pelouse proprette, totalement ouverte sur la rue afin qu’on puisse bien la voir, sa maison de rêve. Illico, les vieilles fenêtres furent, elles aussi, virées ; depuis, la maison n’a plus de fenêtres mais des trous vitrés. Je préfère ne pas savoir ce qui a été fait à l’intérieur.
D’autres font la cour à leur partenaire de rêve, et dès qu’ils le possèdent, ils essayent de se l’assujettir et extirper de lui tout ce qui est exquisément enraciné. L’être humain n’est pas fait pour posséder, seulement pour admirer. Ce qu’on admire, il faut déjà le posséder auparavant pour ne pas essayer de le détruire sitôt qu’on en est finalement devenu le propriétaire légal. Cette possession avant la possession est celle des héritiers qui laissent les choses en l’état pendant des siècles, une attitude de déclin, qui a pour résultat de belles ruines. Car conserver et maintenir, il faut pouvoir se le permettre, et l’argent nécessaire, de telles personnes, à la longue, elles ne le gagnent jamais.]

February 9, 2019

jeudi 7 février 2019

Von Krieg und Frieden

Schließlich hab ich mir die Hölle ausgemalt, von der jeder weiß, dass es die anderen sind. Die anderen sind zum Glück immer die Bösen, denn wo um Himmels willen kämen wir hin, wenn wir selbst es wären? Besteht die Hölle aus einem Haufen von Hauptschülern, zu denen es einen Abiturienten verschlagen hat, der nun deren Sauforgien und gegen Brillenträger gemünzte Blödeleien zu ertragen hat? Ja, so konnte man es sehen, solange man damit rechnen musste, in Friedenszeiten eingezogen zu werden. Gegen einen echten Krieg, wo es echt drauf ankommt und sogar die Allerdümmsten ihre menschlichen Qualitäten beweisen können, ist sicherlich viel weniger einzuwenden als gegen das schlichtweg widerliche Kasernenklima im garantierten Frieden. Der liebe Gott, um auf den zurückzukommen, hat Dumme und Kluge geschaffen, Feige und Mutige, und dazu noch den schönen Gedanken vom ewigen Friedenskönigtum, aber es war der unzulängliche Mensch, der die von allen Bildungsunterschieden erlösenden ernsthaften Kriege erfunden hat. Die Erwartung der Hölle mag die Hölle sein, während die Hölle selbst dann nur noch halb so schlimm ist, weil sie jeden voll auslastet. Persönliche Sensibilität spielt dann kaum noch eine Rolle.

Im Schatten die Soldaten
Erholen sich vom Krieg;
Die andern in der Sonne
Tagträumen jetzt vom Sieg.

Die Träumenden sind alle
Knochen, sonnengebleicht;
Die Braunen unter den Bäumen
Nehmen’s Leben gerade leicht.

Im Schatten immer noch besser
Als im Schein der Sonne zu liegen
Und wer das Gegenteil
Behauptet, weiß nichts von Kriegen.

[Enfin, je me suis imaginé l’enfer qui, comme tout le monde sait, c’est les autres. Encore heureux que les méchants c’est autrui parce que si c’était nous-mêmes, Dieu sait où ça nous mènerait ! Est-ce que l’enfer est constitué d’un tas de tarés incultes parmi lesquels on a envoyé un pauvre intello qui doit maintenant supporter leurs orgies de bière et leurs blagues foireuses sur les porteurs de lunettes ? Oui, c’était une façon de le voir, tant qu’on devait craindre la conscription en temps de paix. Car en vrais temps de guerre, quand ce n’est vraiment plus de la rigolade, même les très-ignares peuvent témoigner de leurs qualités humaines, alors qu’en temps de paix garantie, le climat dans les casernes est simplement insupportable. Le bon Dieu, pour revenir à lui, a créé les stupides et les intelligents, les lâches et les courageux, et en plus la belle idée d’un royaume de la paix éternelle, mais ce sont les hommes imparfaits qui ont inventé la guerre sérieuse qui donne leur chance jusqu’aux plus cons. Si l’attente de l’enfer est peut-être l’enfer, l’enfer lui-même n’est pas aussi grave que ça puisqu’on est suffisamment pris. Les sensibilités personnelles n’ont du coup plus aucune importance.]

6. Februar 2019    [Ecce Homo IV]

mardi 5 février 2019

Diesseits von Gut und Böse

Daraufhin hab ich über das Paradies nachgedacht, in das alle Anständigen doch anscheinend kommen, versucht, das wieder im Zusammenhang mit dem Bildungsgrad zu sehen, und mich gefragt, inwiefern es für einfache, gutgläubige Menschen überhaupt möglich ist, zwischen Gut und Böse, Recht und Unrecht zu unterschieden, wenn es zwar so etwas wie ein Naturrecht gibt, die heiligen Schriften jedoch ziemlich unklar darüber sind. Da haben die armen Leute die besten Absichten, meinen, das Gottgefällige zu tun, und andere mit ihrer Schulbildung schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, reden von archaischem, überzogenem Ehrgefühl und stecken sie womöglich jahrelang ins Gefängnis, während sie selbst sich des Paradieses sicher wähnen und beseligt Halleluja singend in die Zelle wandern. Und wer entscheidet am Ende? Diejenigen, die es besser wissen und sie verurteilt haben, oder die naiven Kindlein, die nur taten, was sie ihrem heiligen Buch entnommen haben und für ihre gottverdammte Gläubigenpflicht hielten? Weder die einen noch die anderen, sondern der himmlische Vater allein, der sich allerdings so zweideutig ausgedrückt hat, dass aufgrund der beschissenen Rechtslage nur der generelle Freispruch in Frage kommt.

Die schlechten Menschen lieben Steaks
Die guten nur Gemüse
Tee, Sojamilch und Biokeks
Pfeifend auf alles Süße.

Die schlechten Menschen saufen Bier
Und spülen nach mit Korn;
Die guten, die verdursten schier
Und kennen keinen Zorn.

Die Schlechten saugen sogar Blut
Jawohl; die Guten spenden.
Doch wären alle Menschen gut
Wo sollte das bloß enden?

Es endete im Paradies
Wo Adam Äpfel fräße
Und Eva, fastend, nicht mal dies –
Stets gibt es Gut und Böse.

Und kämpften Gut und Böse nicht
Und täten sich dort lieben
Sie würden just vom Weltgericht
Erneut daraus vertrieben.

[Après, j’ai réfléchi sur le Paradis où tous les hommes de bien sont censés monter, et j’ai essayé de le voir en corrélation avec le niveau d’instruction d’une personne. Je me suis alors demandé si pour des petites gens simples et de bonne foi il est possible de distinguer le bien du mal, ou de différencier entre ce qui est juste et ce qui ne l’est pas, étant donné qu’il existe peut-être un droit naturel, mais que les saintes écritures sont très peu claires. Les braves gens peuvent avoir les meilleures intentions et penser faire la volonté divine et d’autres, diplômés, lèvent, horrifiés, les bras au ciel, parlent d’un archaïque sens de l’honneur hypertrophié et les foutent pendant des années en tôle, tandis que eux, se croyant assurés de leur place au Paradis, rentrent en cellule en chantant des cantiques. Et qui décide à la fin? Ceux qui savent mieux ou les pauvres enfants de Dieu qui, naïvement, ont fait ce qu’ils ont déduit de leur saint livre et pris pour leur sacré devoir de fidèles ? Ni les uns ni les autres, mais le seul Père céleste qui, lui, s’est exprimé de façon tellement ambiguë que dans cette situation légale merdique, il ne lui reste que l’acquittement général.]

5. Februar 2019    [Ecce Homo III]

lundi 4 février 2019

Von Gott und dem Brexit

Ich hab mir das dann doch nochmal überlegt mit dem Jesus, der bei manchen Meistern so gebildet aussieht, und dem so bildungsfern wirkenden Volk um ihn herum, einschließlich Jüngerschar, und kam zu dem Ergebnis, dass sich die Leute, die ihm nachgerannt sind, auf jeden Fall verhört haben müssen. Er hat sich wohl so kompliziert ausgedrückt, dass jeder das rausgehört hat, was er wollte, beziehungsweise reininterpretieren konnte, was sich in seinem ungeübten Gehirn schon als Abfall befand, und das gesamte Gerede schließlich auch in dieser verhunzten Form niedergeschrieben wurde, sich die neue Religion also nur aus Missverständnissen heraus entwickelt hat, und logischerweise – hoc est corpus, hocus pocus – auf Lateinisch weitergepredigt wurde, bis die Leute angeblich nachgekommen waren, was jedoch nichts ändert: Der Wurm steckte von Anfang an im Apfel, weil gebildete Menschen einfach nichts Allgemeinverständliches zu sagen haben. So sind wir schnell bei den Kabbalisten, die ja behaupten, die ganze Bibel sei das reine Chaos, nichts würde stimmen und man müsse nun halt notgedrungen noch einmal alle Buchstaben durcheinanderschütteln, wolle man dahinterkommen, wie es ursprünglich gedacht gewesen sei. Aber kann man denn tatsächlich herausfinden, was zum Teufel die göttliche Meinung ist, solange man noch nicht einmal eine Ahnung davon hat, wie die englische Königin über den Brexit denkt? Die Queen sagt nix, weil sie es mit keinem ihrer Untertanen verderben will, und der Allmächtige hält es vermutlich genauso. Das würde allerdings bedeuten, dass er mit voller Absicht einen allzu kultiviert erscheinenden Typen als Erlöser herabgeschickt hat.

Wenn Kinder Kinder kriegen, sind das Enkel
Wenn Schuhe Schnüre haben, sind das Senkel
Wenn Zeiger Zeit anzeigen, sind das Uhren
Wenn etwas im Koran steht, sind das Suren
Wenn durch die Nacht es flattert, sind das Eulen
Und hat die Weisheit sieben, sind das Säulen:
   Erst bei der Weisheit weiß man nicht so recht
   Und das, weil Weisheit Zweifel hat, zu recht.

Wenn Häschen Bauchweh peinigt, liegt’s am Möhrchen
Wenn du dich falsch verhört hast, liegt’s am Öhrchen
Wenn Wäsche faltig trocknet, liegt’s am Mangeln
Wenn Fische nicht mehr schwimmen, liegt’s am Angeln
Wenn Krieger Blasen kriegen, liegt’s am Marsch
Und dunkelt das Furunkel, liegt’s am Arsch:
   Erst ganz am Ende weiß man nicht so recht
   Und das, weil Dummheit endlos ist, zu recht.

[Puis, j’ai encore réfléchi sur cette énigme d’un Jésus qui semble tellement cultivé chez certains maîtres, par rapport à des gens du peuple, disciples inclus, ayant l’air de sombres idiots, et je me suis dit que ceux qui lui ont couru après ont dû mal saisir ses paroles. Sans doute s’est-il exprimé de façon si compliquée que chacun a entendu ce qu’il a voulu entendre, ou compris ce qui traînait déjà comme rebut dans son cerveau inexercé, et les laïus ont par la suite été retranscrits sous cette forme massacrée. Résultat : une nouvelle religion née de malentendus, qu’en toute logique on a continué de prêcher en latin – hoc est corpus, hocus pocus – jusqu’à ce que les gens atteignissent soi-disant le niveau. Or, ça ne change rien : le ver était dans le fruit dès le début, parce que les personnes très cultivées n’ont rien à dire qui parle au commun des mortels. On arrive vite chez les kabbalistes qui prétendent que la Bible entière n’est que pur chaos, que rien en elle n’a de sens et qu’il nous faut malheureusement secouer toutes les lettres si l’on en veut connaître l’intention originaire. Mais est-il simplement possible de savoir ce que, diable, pense Dieu en vérité tant qu’on ne connaît même pas l’avis de la reine d’Angleterre quant au Brexit ? La reine ne dit rien parce qu’elle ne veut pas se fâcher avec le moindre de ses sujets, et l’Éternel fait probablement pareil. Ça signifierait du coup que c’était en connaissance de cause qu’il a envoyé un type à la dégaine trop érudite pour être le rédempteur.]

4. Februar 2019     [Ecce Homo II]

samedi 2 février 2019

Beim Lesen alter Gedichte

Oh, wäret ihr in den Jahren des Fortschritts
Nur ein klein wenig fortschrittlicher gewesen
Dann hättet ihr möglicherweise
Den nachfolgenden Rückschritt verhindern können.

Doch wart ihr, als ihr euch fortschrittlich wähntet
Kaum fortschrittlicher als die Rückschrittlichen
– Ich lese bei Kraftmeier: „Titten“, „Negergehacke“,
____________________________________„Schwuchtel“ –
Und weil ihr den Rückschritt derart vorwärts trugt
Machtet ihr es ihm so leicht – es genügte
„Sexismus, Rassismus & Homophobie“ zu verbannen.

Jetzt kommen vermutlich manche und schreien:
Wir aber nicht!
Ich aber sage euch: Ihr auch, und vielleicht sogar noch schlimmer
Trotz oder gerade wegen eurer Heiligenbildchen, dem
Schielauge und der Zicke mit dem Turban
Um wie Kraftmeiers zu reden.

Die paar dichtenden
Titten, Neger oder Schwuchteln der Zeit
Konnte es so ganz am Rande
Auch nicht herausreißen – dröhnender durchhallte
Das alte Deutsch der Soldatenstiefel
Die Villa Massimo

Bevor, engelhaft sanft und harmlos, der erwartete
Rückschritt durch ihre Pforten trat.

2. Februar 2019