mardi 29 novembre 2022

Horizonte

Lieg noch im Bett und dichte.
Es soll auch Leute geben
Die aufrecht was erleben
Worauf ich gerne verzichte.

Viel lieber bleibe ich liegen
Und schau mir vom Bett an die Sterne
Und weiß, die andern lügen:
Sie sehn sie doch auch nur von ferne.

Ich nähre mich nun von Vergangenheit
Hortete davon in rauen Mengen;
Was ich so liebte in der Zeit
Beginnt erneut sich aufzudrängen.

Ist der begehrte Leib verschwunden
Bleibt, ungestillt, das Begehren
Sich in späteren – stilleren – Stunden
Noch lange danach zu verzehren.

Es sind erregende Situationen
Die ständig auferstehn, wie eingebrannt
Als würd sich das Leben nur lohnen
Im Kosmos des Sehnens, dem Wiederkehrland.

Was wiederkehrt, kehrt schweigend wieder
Es kann nicht mehr anders kommen
Sinkt in einsame Klausen hernieder
Von Gloriolen umglommen.

Beherrscht wird nur das, was entgleitet
Begriffen, was nicht mehr zu greifen
Es fällt wie der Schnee, wie das Reifen
Auf die Nacht vorbereitet.

28. November 2022

 

lundi 28 novembre 2022

Vom Niedergang

„Des großen Rades Talfahrt ward nicht kleiner.“
Loerke, Symbol
i.

Was für einen Schenkelknochen
Ich gehalten, hat der Fachmann
Mir erklärt als Zehenglied.

Fünfzehn Meter muss das ganze
Tier schon lang gewesen sein, und
Aufgebäumt auch fast so hoch.

Fänden wir noch mehr Gerippe
Könnten wirs zusammensetzen
Doch die Chancen stehen schlecht.

Mächtig stünds vor unsren Augen
Drohend aber nur vor Größe
Denn sonst ausgesprochen klapprig.

Kommt auch nur ein leichter Wind auf
Bläst er sowas auseinander
Und verteilt es viel zu weit.

Es ist traurig: solch ein Riese
Sagte ich, und nichts geblieben
Außer einem Zehenglied.

Immerhin ist es uns möglich
Sprach der Fachmann, allein dadurch
Uns die Vorzeit vorzustellen.


ii.

Die zarte weiße Blüte fällt
Es kommt dafür die dicke rote Frucht.
Wer das für Fortschritt hält
Weiß nicht, wonach er sucht.

Soll er sie pflücken, soll er sie
Halt stopfen in den Mund. Hinein! Wonach
Zu suchen, gibt es nie;
Es fiel, bevor mans brach.

De la déchéance

i.

Ce que j’avais pris pour un fémur
N’était en effet qu’une phalange
M’expliqua, serein, le spécialiste.

La bête a dû faire quinze mètres
De longueur, et une fois cabrée
Presque autant de mètres de hauteur.

Si nous trouvions d’autres ossements
On pourrait l’assembler en entier
Mais c’est peu probable en vérité.

Majestueuse elle se dresserait
Mais seulement menaçante en taille
Car sinon plutôt bringuebalante.

C’est qu’un tout petit vent suffirait
Pour la faire voler en éclats
Ensuite éparpillés bien trop loin.

Quel dommage, fis-je, un tel géant
Dont ne nous est parvenu plus rien
Hormis la phalange d’un orteil.

Pour le moins cela nous rend capable
Répondit l’éminent spécialiste
De nous faire une idée du passé.


ii.

La si tendre et blanche fleur
Chassée par tel fruit épais :
Qui y voit du progrès
Ne connaît pas son cœur.

Qu’il le tâte, qu’il le prenne
Qu’il le foute dans son four –
Ce qu’on veut part toujours
Avant qu’on ne l’obtienne.


26 Novembre 2022

lundi 14 novembre 2022

Gash and So

Deine Krankheit wird allmählich Teil meines Innern, und dass du sie nicht überstanden hast, zu einer jener geschichtlichen Gegebenheiten, ohne die sich die Welt überhaupt nicht mehr vorstellen lässt. Aber wie diese Katastrophe niemals akzeptiert werden kann, so auch deine Abwesenheit, weil sie nicht begründbar ist, weil sie nichts bewirkt hat, was sie irgendwie rechtfertigen würde – man hofft ja stets, dass einen etwas „vorwärtsbringt“ – sondern grundlos war und auf immer bleibt.

         Parfois le sexe de la femme est comparé à une blessure
Mais ce n’en est pas une, il n’a pas vocation à se refermer.
Le deuil qui reste ouvert
Est une blessure comme ce sexe.
        Dire que mon deuil a tout du sexe féminin
Rassure à la longue :
Il a le droit de ne jamais se fermer
Il ne guérira pas
Il restera éternellement blessure
Mais blessure qui n’en est pas une.

        Parfois le sexe de la femme est assimilé à une bouche
Mais ce n’en est pas une, il n’a pas vocation à causer.
Le deuil qui reste muet
Est une bouche comme ce sexe.
        Dire que mon deuil a tout du sexe féminin
Rassure à la longue :
Il a le droit de ne jamais parler
Il se passe de paroles
Il restera éternellement bouche
Mais bouche qui n’en est pas une.

        Parfois le sexe de la femme est rapproché d’un gouffre
Mais ce n’en est pas un, il n’a pas vocation à vraiment engouffrer.
Le deuil qui reste un vide
Est un gouffre comme ce sexe.
        Dire que mon deuil a tout du sexe féminin
Rassure à la longue :
Il a le droit de ne rien faire disparaître
Et sera en manque à jamais
Il restera éternellement gouffre
Mais gouffre qui n’en est pas un.

14 Novembre 2022

samedi 5 novembre 2022

Es war uns von Natur

Es war uns von Natur beschieden
Stets dasselbe zu begehren
Was ein Glück ist hienieden
Sollte es währen.

Was wir am Sehnlichsten wünschten
Blieb uns verwehrt
Doch, es gemeinsam zu wünschen
War uns beschert.

Hätten wir anderes ersehnt
Als ein und dasselbe immerfort
Und uns ans Versagtsein gewöhnt –
Wir wären verdorrt.

30. Oktober 2022