samedi 24 mars 2018

Vom Geheimnis eigner Dichtung


i.

Eingeschnappt vom Angebot
Kleinen Lebens ohne Not:
Les von Larkin ein Gedicht ich
Deprimiert es mich nie richtig.

Das Geheimnis eigner Dichtung
Geht vielleicht in diese Richtung:
Les ich drauf ein Limerickchen
Deprimiert mich das ein Stückchen.

Schmutz und Schund kommt mir gelegen
Bibeln scheinen mir obszön:
Steh beglückt im Nieselregen
Traure, falls nur’s Wetter schön.


ii.

Quand je ne vais pas bien
Je me console avec des livres.
C’est émouvant, l’homme entouré
Par une vaste bibliothèque, diriez-vous.
Or moi, c’est plutôt Robinson, l’homme seul
L’homme dans sa cabane nue
Masturbatoire –
Robinson et ses mémoires.

C’est que les livres qui me consolent
Ne sont pas des livres imprimés
Ce sont des livres en attente
Des qui n’existent pas encore
Des qui n’existeront peut-être jamais :
L’édition de mes propres œuvres
Agrémentée d’instantanés
Imaginaires
Supports du plaisir solitaire.

L’égocentrisme, diriez-vous
N’est qu’une maigre consolation
Et vous avez, mon cher, parfaitement raison.
Mais ai-je dit que ce défaut me consolerait tout à fait ?
Il me console un petit peu, à peine.
Dans la désolation îlotienne
Sont pur ennui
Récits d’avant, récits d’autrui.


[Ich bin ja eigentlich für eine Karriere gut. Wer mich einmal „entdeckt“, kann eine ganze Karriere darauf gründen, muss nur zuerst herausgefunden haben, warum ich im Gespräch mit mir ständig die Sprache wechsle, und dann in der Lage sein, das so zu erklären, dass man es versteht – ‚man‘ sind hier die Bewohner welchen Festlands auch immer. Nur Mut. Mich gibt es bis dahin wohl nicht mehr, es sollte also zu bewerkstelligen sein.]


23. März 2018


mardi 20 mars 2018

Kaliyuga, Continued


1. The Imperviousness of the Eye

Das menschliche Ego ist laut Shankaras Vedenkommentar (oder vielmehr den Upanishaden selbst) ungefähr daumengroß, und dieser Winzling und Störenfried im Leib beherrscht, wie wie heute wissen, vergleichbar der allerdings nur erbsengroßen Hypophyse, so ziemlich alles. Dass das Ego etwas kleiner ist als der immerhin etwa mittelfingerlange Durchschnittspenis, mag uns erfreuen, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Ego-Exzision im Gegensatz zur Penis-Ablation eine ganze Reihe unangenehmer Nebenwirkungen hat, und zwar bei sämtlichen Geschlechtern.

Too keen to know my utmost self
I picked an old book off the shelf.
My eyes, too fickle through the pages
Just couldn’t reap the crop of ages –
My mind, too steady a veneer
Had wished to study Taittiriya.

To know oneself, one shouldn’t try
But trust the darkness of one’s eye.
Impervious is its golden blind
As of the first caves of mankind
While starlike daylights blink inside
To enhance the brilliance of this night.


2. Climate Change

Wie ich erfahre, sind Hochs jetzt nicht mehr nur männlich und Tiefs nicht mehr nur weiblich, man kann sie jetzt nicht mehr am Vornamen erkennen – dank der Bemühungen sexistischer und homophober Pfeifen, die offenbar der Meinung sind, eine Hoch sei einem Tief grundsätzlich vorzuziehen, und ein Top einem Bottom. Von Yin und Yang haben die noch nie etwas vernommen, eurozentrische Rassisten sind sie auch noch.

Who can’t foresee tomorrow’s weather
Must trust in forecast altogether.
The climate god long was a fellow:
Him pissed off, well, you’d your umbrella;
Now it’s a lady, tit for tat:
She torrid, don a summer hat.

To make things change, you can’t force gods
By dressing up against the odds
Yet soaked or seared from toe to tip
You may keep your stiff upper lip.
This said, I gather man’s condition
Could be a source of indecision.


3. And Many Happy Returns

Hauptmerkmal im offenen Finanzkapitalismus ist der universelle Ehrgeiz. Absolut ungezügeltes Karrieredenken war absolut unmöglich in der Klassengesellschaft. Die Allgegenwart eines sich bis auf das tätowierte Lumpenproletariat erstreckenden Aufstiegswahns ist der Beweis dafür, dass das Böse am Kapitalismus, nicht wahr, tatsächlich schon längst überwunden wurde, und wir seither im Paradies – man kann es auch „Nirwana“ nennen – gegenseitig um den gepiercten Nabel rotieren. Dummköpfe mögen kommen und behaupten, es sei die Schuld der Fortschrittlichen, die Warnungen Luxemburgs vergessend solches ermöglicht zu haben, noch Dümmere verweisen vielleicht auf einen unseligen Marschallstab im bildungsfernen Tornister, die Allerdümmsten aber werden Ostasien und den Niedriglohnsektor mit ins zu Spiel bringen versuchen. Wie auch immer enthemmte Allerallerdümmste triumphieren jedoch. Diese Welt ist bis auf weiteres die ihre geblieben.

There seems to be no room for lust
In bugs and shit, the poor things just
Must wriggle through, their sole ambition
Never transcends a vermin’s mission
But once reborn as human farts
The thick of rebirth trial starts.

When runs, trots, lust and greed seem real
It’s like the last test on the Wheel
of Life, the one you’ll fail to pass
Unless you play it cagey, ass.
The wiser hanker for returning
As pest, devoid of sinful yearning.


March 19, 2018

mardi 13 mars 2018

Lied vom Wesen und seinem Verhältnis zur Seele

Seit der olle Marx mit dem Bade ausgeschüttet wurde, ist „fortschrittlich“, nurmehr lautstark Parität bei der Ausbeuterei zu fordern, und gilt als „internationalistisch“, wer die Zuwanderung überzeugter Klerikalfaschisten schon rein vom Menschlichen her begrüßt. Als „reaktionär“ wiederum wird bezeichnet, wer die Konsequenzen beispielsweise aus der Lektüre des 18. Brumaire zieht und sich diesbezüglich abmeldet. Papa Marx hatte das alles schon vorgesehen. Stichwort: Bonapartismus.
Motor des Fortschritts sind nun nicht mehr die Ausgebeuteten, sondern die Zukurzgekommenen. Namentlich solche, denen man in der Jugend einmal unbefugt wohin gelangt hat und deren spätere „Beziehungen“ sowie eine angestrebte höhere Laufbahn deshalb buchstäblich in die Hose gingen. Also alles am Arsch aufgrund eines Arsches. Benachteiligte gab es schon früher, nur war man seinerzeit noch nicht so weit, den Sexualtrieb im näheren Umfeld fürs
Karriereloch verantwortlich zu machen, man wollte die Verhältnisse ändern, nicht auch noch den letzten lüsternen Bengel domestizieren. Das Frechsein, die Anstößigkeit selbst hatte den Ruch des Revolutionären, kleinbürgerliche Weinerlichkeit war deutlich weniger gefragt. Auf das gesellschaftliche Feindbild „übergriffiger Mitmensch“ kam erst wieder der Aftermarxismus. Doch auch das hatte der Meister in seinem Gerangel mit den Seelenvollen herrlich antizipiert.

Wann immer unter Leute geh
Das eigne Wesen nicht versteh;
Doch bald ich mich im Eck versteck
Die Seele quasi auch noch weg.

Dies Wesen ist wie zäher Brei:
Du frisst und wirst nicht froh dabei
Liegt dir im Magen schwer wie Stein
Und musste doch verschlungen sein.

Die Seele aber klebt wie Geld
Das Angst im engen Beutel hält
Im Beutel, unter der Matratz
Für später angehäufter Schatz.

Der aber gleicht der Leibes Harn:
Zurückzuhalten ist ein Schmarrn
Braucht einen stillen Ort, ein Klo
Muss fließen in ein Nirgendwo.

Hat sich sein Wesen dann verpisst
Das doch der Seele peinlich ist:
Zurückzusaugen geht nicht mehr –
So wird dieselbe selber schwer

Und bleibet doch ein Häuchlein bloß
Des eignen Wesens, wesenlos
Ob ich nun unter Leute flieh
Oder mich bang ins Eck verzieh.

3. Dezember 2015 / 13. März 2018


dimanche 11 mars 2018

Tonsure

Ma tonsure naturelle, désormais localement intégrale
Me dit qu’il faudrait que je la couvre, sinon
Je risquerais le cancer du crâne
Ou au moins l’insolation.
Alors que faire ?

Le sombrero est hors question, trop réservé
Aux Mexicains et irrémédiablement ostentatoire ;
Le chapeau melon fait clown, l’entonnoir te rend fou
Et pour un passe-montagne ce n’est ni le lieu ni la saison.

Il me faudrait, en vérité, un truc beaucoup plus discret
Cachant juste le trou, si tu vois ce que je veux dire.
Et c’est vrai du reste, je la possède, cette chose
Une petite voix intérieure m’interdisant
De l’emprunter le cas échéant.

Or, ce rond de tissu, par malchance
Il n’est là que pour les cas échéants, ces
Quelques sacrées occasions où l’on veut bien
Me convier – ce qui, ma foi, est fort rare – afin
Que j’y participe affublé selon de vieilles usances
Ladite voix impérieuse m’interdisant également
De l’arborer hors contexte, car hors contexte
Point de salut ici-bas pour l’infidèle
Cancer du crâne ou pas.

Reste l’abominable calotte brodée de nos artistes.
Et tant pis si je n’ai pas l’attitude qui va avec
La nature ne laisse parfois pas de choix.

Quelle disgrâce de se dégarnir, puis
D’avoir la petite voix intérieure
Tout en manquant d’attitude.

Tiens, on se déguise à
Présent, pépère ?

11 Mars 2017

mercredi 7 mars 2018

Ages of Civilization


i. Antiquity

Brutale Sklavenhaltergesellschaft der Antike. Die Welt war noch jung und klein, ging gerade mal bis zum Hadrianswall und Gibraltar, aber doch war der Mensch sehr athletisch, seine Sexualität voll entwickelt, das eine in Marmor gehauen oder Bronze gegossen, das andere vorzüglich auf Vasen abgebildet. Die Zukurzgekommenen seinerzeit hatten noch nicht die Möglichkeit, ihrer Wut in Kunstwerken oder sonst irgendwie Luft zu verschaffen, sie gar zu “twittern”. Spartakus und Genossen freilich wehren sich auf ihre Weise.

A hunky young brute of no breeding
Had a backyard too tight for a seeding;
Yet he yearned after feeding
And thus learned proper bleeding
For a little know-how ain’t misleading.

[L’esclavagisme brutal de l’antiquité. Le monde, encore jeune et petit, ne dépassait point le mur d’Hadrien et Gibraltar, pourtant l’homme était très athlétique et sa sexualité pleinement épanouie, l’un représenté en marbre ou bronze, l’autre expressément sur des vases. Les désavantagé.es de l’époque n’avaient pas encore la possibilité d’exprimer leur colère dans des œuvres d’art ou ailleurs, ne parlons pas de « twitter ». Or, Spartacus et ses camarades se révoltèrent à leur manière.]


ii. Middle Ages

Finster, finster, dieses Mittelalter. Gott über alles, bei Leuten, die kaum über eins fünfzig werden konnten. Kein Wunder, dass es Epidemien und hochfahrende Gotik gab. Sowie Hexerei und Badehäuser (gemischt). Ziemlich unfaire Sittenverteilung zwischen ausgesprochen frei und ausgesprochen unfrei. Noch lange keine Bauernkriege, aber schon bald Chaucer, Dekameron und Ironie. Echt unfair.

Some midlifer of meager beliefs
Got caught searching his soul in his briefs
But the sad case was dropped
When his dwarf Savior popped
For one source of redemption is griefs.

[Sombre, fort sombre, ce moyen-âge. Dieu au-dessus de tout, chez des gens qui avaient du mal à dépasser le mètre cinquante. Pas étonnant qu’il y ait eu des épidémies et du gothique altier. Puis de la sorcellerie et des étuves mixtes. Répartition des mœurs assez injuste entre très libre et très pas libre. Encore beaucoup de temps avant la guerre des paysans, mais bientôt Chaucer, le Décaméron et l’ironie. Vraiment injuste, tout ça.]


iii. Modern Times


Der Neuzeit widerstrebt alles Traditionelle. Man ist jetzt allgemein befreit, vielleicht zu befreit um sich nicht eine neue Lebensaufgabe namens „Unterwerfung“ zu geben. Das Religiöse kehrt zurück, vor allem bei den Ungläubigen. Die Zukurzgekommenen können endlich anonym das Maul aufreißen, man erhört sie und alles wird gerecht und kompliziert. Das meiste kostet was, doch immer mehr Zeug wird gratis angeboten. Denn was gratis ist, ist auch nix wert. Normal, sagt der Neuzeitler.

There was this whorey man of ambition
With a tush too worn out for tradition.
So the tricks asked for head
And he gave it instead
Because toothlessness has its own mission.

[La modernité n’aime pas les traditions. On est désormais universellement libéré, et peut-être un peu trop pour ne pas aspirer à une nouvelle mission universelle appelée « soumission ». Retour de la croyance religieuse, notamment chez les laïcs et impies. Les désavantagé.es ont enfin la possibilité d’ouvrir la gueule de façon anonyme, on les écoute et tout devient juste et compliqué. La plupart des trucs sont payants, mais on propose de plus en plus de conneries à l’œil. C’est que le gratos ne vaut rien. Et c’est normal, dit le moderne.]


7 Mars, 2018

dimanche 4 mars 2018

Leçon de pattes

Ici, la neige est rare, mais hier soir, elle est tombée.
Le chat du voisin est absent, et au matin je vois
Des traces de pattes d’oiseaux sur le toit.

Les oiseaux, je les observe, ils sont extrêmement prudents :
Au moindre mouvement, à l’ombre même d’une ombre
Ils décampent en s’envolant puisqu’ils ont des ailes
Des ailes faites pour voler, et c’est ce qu’ils font.
Dans les airs, ils se savent irrattrapables
Par quasiment toute créature aux mauvaises intentions
Et des rapaces, il n’y en a pas par ici.

L’homme est beaucoup moins prudent.
Du chat noir, il s’en fout
Des mouvements et des ombres également ; et si
Cela se trouve même des rapaces bien qu’il n’y en ait pas par ici.
Il ne possède pas de véritables ailes
Et s’il s’envole à la fin, c’est pour de bon.

Curieux : quand l’homme se met à faire l’ange
C’est au moment où c’est cuit pour lui.
D’une certaine manière, il est
Le contraire d’un oiseau.
Pas assez prudent et
Partant trop tard.





[Vogelkrallenlehre

Es fällt hier nur selten Schnee, doch gestern Abend fiel welcher.
Nachbars Katze ist nicht da, und am Morgen erkenne ich
Die Abdrücke von Vogelkrallen auf dem Dach.

Vögel – ich beobachte sie – sind ungemein vorsichtig:
Bei der kleinsten Bewegung, dem Schatten eines Schattens
Machen sie sich davon, entfleuchen weil sie schließlich Flügel haben
Flügel, gemacht um zu fliegen, und genau das tun sie.
In der Luft wissen sie sich in Sicherheit
Vor praktisch jeder bösen Absicht
Und Greife gibt es hier nicht.

Der Mensch ist viel unvorsichtiger.
Die schwarze Katze ist ihm egal, Bewegungen
Und Schatten sind es auch, und unter Umständen
Sogar Raubvögel, obwohl die hier nicht vorkommen.
Er hat keine richtigen Flügel
Und fliegt er am Ende davon, ist es für immer.

Seltsam: Wenn der Mensch auf Engel macht
Dann erst, wenn alles zu spät für ihn ist.
Er ist auf eine gewisse Art und Weise
Das glatte Gegenteil eines Vogels.
Nicht vorsichtig genug und
Viel zu spät verduftend.]


2. März 2018

samedi 3 mars 2018

In eigener Sache


i. Von der Lust, sich zu ärgern

[Hatte wieder einmal kräftig Lust, mich zu ärgern, und las daraufhin in den Gedichten eines Spießers, dessen Werk ich aus keinem anderen als gerade diesem Grund gekauft hatte. Nachgerade widerwärtiges Spießertum, in der Tat. Sofort erkennbar an der Kraftmeierei, dem typischen Spießerton, selbstredend nach den alten Meistern, sozusagen zwischen Brecht und Benn, doch solange die noch feucht hinter den Ohren, also erbärmlich leicht nachmachbar sind. Diesen Spießergedichten ist die Spießerfresse des Herstellers auf der hinteren Umschlagklappe zugeordnet. Ein Albtraum von einem Photo, mithin das Wertvollste des gesamten Buchs. Ruft in mir augenblicklich die Erinnerung an einen bleichwangigen, heulsusenhaften, sehr verzogenen Kindheitsfreund hervor, dessen abartig überheiztes Kinderzimmer, die allgegenwärtige Mutter. Ich kannte das nicht, im Wohlstand alles so eng, doch wir waren schließlich Kinder, da kann noch etwas aus einem werden, und ich glaube, aus diesem Kindheitsfreund ist auch noch etwas geworden, mehr oder weniger. Bei vom DAAD verzärtelten Fünfzigjährigen mit genau so einer Visage ist es zu spät.]

Der schwerfällige Benn hat das Nachkriegswestdeutschland
__________________________________________beruhigt
Die Adenauerrepublik: War nicht anders zu machen.
Brecht hat die Ostzone nicht beruhigt.
So etwas war mit ihm nicht mehr zu machen.

Das Wiedervereinigte musste nicht mehr beruhigt werden.
Ohne jede Aufgabe, diese Bürschchen.
Nur das war jetzt noch leichter zu machen: kreuzbrave
______________________________________Reiseliteratur.
Wenn schon erweiterte Freizügigkeit
Unruhe wäre angesagt gewesen
Anstatt Ende von Nachkrieg oder wie auch immer.

Die äußere ist der inneren Emigration eindeutig vorzuziehen
Hysterisches Chaos, reiner Langeweile. Doch
Am fürchterlichsten ist, wenn man ohne den Arsch zu heben
____________________________________umgezogen wird.

Ach, Russland hat sein Imperium verloren
Amerika seine Vollidioten sogar als Präsidenten.
Warum sollte es dem Land der Dichter und Denker besser
__________________________________________ergehen?


ii. Ungelesenes


Ich besitze unter anderem zwei Limes-Bände Benn, in die ich in Jahrzehnten nie recht hineingesehen habe. Sie enthalten eine Auswahl, Briefe und Dokumente, und stammen von meinem Deutschlehrer – ob seinerzeit geschenkt oder nur geliehen, weiß ich nicht mehr; jedenfalls steckte er sie mir zu, nachdem er von einer Gedichtinterpretation so beeindruckt gewesen war, dass er mir eine 1+ dafür gegeben hatte, weil, wie er mir nicht unbewegt mitteilte, dieser Aufsatz ihm, doch meinem Lehrer, das Verhältnis von „fahren“ und „erfahren“ betreffend (es handelte sich um „Reisen“) neue Horizonte eröffnet habe. Ich erinnere mich heute nur noch daran, damals in etwa vermerkt zu haben, dass man sich manches für sich selbst nun einmal er-fahren müsse. Er-fahren wie er-arbeiten, eine Selbstverständlichkeit, nicht wahr.

Ich war damals gegen 16 und interessierte mich nur am Rand für derartige deutsche Lyrik, mein ganzes Interesse galt dem spanischen Barock, seit ich – es war gerade InterRail für mich erfunden worden – in den Pyrenäen einem Sommerkurs des alten Blecua hatte beiwohnen dürfen. Der las und schmauchte, schmauchte und las über Góngora und Quevedo, klapperdürr im Anzug schwimmend und mit weitgehend zerstörter Stimme. Was scherte mich da ein Benn, dessen Schnoddrigkeit oder Begriffsgenesen, wenn ich gerade von höchster Stelle, ganz übergeordneter Warte her, in Kenntnis gesetzt worden war über solch wirksame Ungetüme wie etwa die Acroceraunios montes, oh Júpiter, oh tú.

Benn scheint mir auch heute noch stark überschätzt, aber an meinen Deutschlehrer – er hatte, glaube ich mich zu erinnern, einen Aufkleber „Deutschland dreigeteilt – niemals!“ am Auto – an den erinnere ich mich nach wie vor mit Rührung ungeachtet seiner politischen Ansichten und trotz Fronterfahrung womöglich mangelnden Weltläufigkeit. Die beiden ungelesenen Bändchen haben insofern eine tiefere Bedeutung als die des puren Gelesenwerdens, und das, will mir scheinen, ist letztlich nicht ganz unbennsch.


iii. Von Zucht und Ordnung

Hannah Arendt, die ja so vieles ganz genau zu wissen schien, glaubte auch zu wissen, dass das politische Engagement Bertolt Brechts dessen dichterische Kraft zerstört habe. Sie zog den jungen, künstlichen Brecht dem so schlicht gewordenen alten vor, verwechselte offenbar dichterische Kraft mit Geschick, Kunst mit gut gemacht. Sie erkannte nicht, dass Brechts Engagiertheit in erster Linie nicht die Aufgabe hatte, Gedichte in politische Waffen zu verwandeln, sondern vor allem anderen dazu da war, die eigenen Künstlichkeit zu bekämpfen. Erfolgreicher kann ein Kampf kaum ausgehen als der innere Dschihad des von Natur allzu kunstfertigen BB.

Bei Frau Arendt war es umgekehrt. Sie wurde mit der Zeit immer poetischer. Ihre in Theorie verwurzelten Sicherheiten setzten sie allmählich außer Stande, die fast unwirkliche Komplexität grauer Wirklichkeit zu erkennen. Kein Wunder, dass diese Ideologin etwas gegen Ideologie hatte.


28. Februar 2018


vendredi 2 mars 2018

L’œuvre spéciale

Cette œuvre est peut-être la plus spéciale
Qui se trouve accrochée à mes murs.
Elle me vient de grand-mère.
Je ne l’ai ja-mais pigée.

« Beau support à l’imaginaire », me souffle-t-on.
Mais tous les tableaux le sont. C’est
Du flamand, ça ?

Je pense que ces eaux sont celles d’un Rhin tout jeune
Et le jeune Rhin me fait peur, plus peur
Que le Rhin plus âgé, ou le Rhin
Carrément majestueux.

La jeunesse est toujours monstrueuse, me souffle-t-on.
Plus monstrueuse que l’âge de la raison, quand
Ce sont les adultes qui nous font chier
Historiquement parlant.

Le problème de cette croûte
C’est son manque de clarté. On dirait
Un poème.

24 Février 2018  [Tableau XI]


jeudi 1 mars 2018

D’un legs

Comme tout le monde, j’ai eu deux grands-pères.
L’un était peintre, l’autre pas.
Ceci – vous l’avez certainement deviné – est de celui qui ne l’était
____________________________________________pas.
Pourtant, elles sont parlantes, grès ou verre, ses deux bouteilles
____________________________________ d’avant-guerre.

Ce grand père – le maternel – était un
Monsieur très bien, mais pas artiste pour un sou
Alors que le paternel, celui qui était artiste sans le sou
N’était pas un monsieur particulièrement bien. Irresponsable.
__________________________________________surtout.
Je porte même pas son nom, puis c’est courant dans la bohème.

La grande responsabilité de l’autre grand-père a eu le résultat
Que les trois seules œuvres qu’il s’est autorisées dans son
_________________________________________existence
Ont parfaitement survécu et se trouvent maintenant chez son
__________________________________________petit-fils
– Poète dissipé, et en plus porteur de son nom.
Il n’est donc point étonnant
Que rien ne subsiste des tableaux de mon grand-père peintre
Et que tout subsiste de mon grand-père pas peintre.

Mon grand-père pas peintre, celui
Qui a peint trois petits trucs en tout et pour tout
Et qui m’en a légué la totalité
Avait tout bêtement l’humble sens de ces choses
Alors que l’autre, qui en a peint des masses, n’a songé à rien.
La recherche d’une gloire pérenne est pas mal de fois moins
__________________________________________efficace
Que le simple souci de la postérité.

24 Février 2018  [Tableau VIII]