mercredi 25 juillet 2012

Apus apus

Es ist Sommer, und jeden Abend warte ich auf die Mauersegler. Schwalben, Mauersegler, was auch immer. Sowie es zu dämmern beginnt, erscheinen sie: In nur halb organisierten, jedoch pfeilschnellen Schwärmen hysterisch kreischend, weiß der Teufel warum, streifen sie Fenster und Mauern, kratzen die Kurven rasend schnell. Es ist diese Schnelligkeit, auf die ich warte. Nase voll von den plumpen Tauben des Tages.

Einmal hat sich einer dieser Raser verschätzt. Dachte, beide Fenster stehen offen, das vordere und das hintere, es war aber nur eines offen. Und was er für ein spaßiges Tunnel halten musste, war ein Nest, eine Wohnung. Normalerweise hätte das Durchfliegen keine Sekunde gedauert, doch der Ausgang war mit tückischem Glas versperrt und hielt ihn gnadenlos auf. Licht, und dennoch mit dem Kopf an eine Wand. Geschehen mit der üblichen Hast. Urplötzlich lag der Vogel hilflos in dieser Wohnung, und sein Schicksal wäre besiegelt gewesen, hätten deren plumpe, flügellose Bewohner nicht so beeindruckbare Seelen. Ein Vogel versteht diese Leute sicherlich nicht, aber sie öffneten das schreckliche Fenster und warteten besorgt. Kauernd saß er in diesem Loch, vor Benommenheit weitgehend reglos. Die Plumpen fürchteten schon, es wäre um ihn geschehen, und überlegten sich Begräbnisriten. Einstweilen versuchten sie ihm zu helfen, indem sie ihn klug in Ruhe ließen, und als sie nach einiger Zeit wieder nach ihm schauten, war er tatsächlich verschwunden. Er wusste wohl bald gar nicht mehr, wie ihm geschehen war, denn nur sehr plumpe und flügellose Wesen erinnern sich noch lange an so etwas.


Apus apus

C’est l’été et chaque soir j’attends les martinets. Des hirondelles ou des martinets, je ne sais. Dès que le soir commence à tomber, ils apparaissent : dans des essaims à moitié organisés, mais rapides comme des flèches et criant hystériquement, le diable sait pourquoi, ils frôlent fenêtres et murs, mettant les bouts en vitesse. C’est cette vitesse que j’attends. Marre des lourds pigeons de la journée.

Une fois, l’un de ces fonceurs s’est trompé, pensant pouvoir passer par les deux fenêtres, celle du devant et celle de l’arrière, mais en réalité il n’y en avait qu’une seule d’ouverte. Et ce qu’il avait dû prendre pour un amusant tunnel, était en fait un nid, un appartement. Normalement, il l’aurait traversé en moins d’une seconde, mais la sortie était bêtement bouchée par un carreau qui l’arrêta sans pitié. Voilà de la lumière et pourtant la tête écrasée contre un mur, et tout cela arrivant avec la hâte habituelle. L’oiseau, perdu, atterrit donc dans cet appartement, et son sort aurait été scellé, si ses habitants, lourds et sans ailes, n’avaient pas eu de ces âmes impressionnables. Un oiseau ne comprend certainement pas ces gens-là, mais, pleins de compassion, ils lui ouvrirent l’horrible fenêtre. Accroupi dans ce trou et complètement sonné, lui ne bougeait quasiment plus. Les gens lourds, pensant qu’il n’y avait peut-être plus rien à faire, concevaient déjà des rites funéraires. En attendant, ils imaginèrent de l’aider en lui foutant la paix et quand, au bout d’un certain temps, ils vérifièrent, il avait effectivement disparu. Il lui a fallu à coup sûr peu de temps pour oublier sa mésaventure, car il n’y a que des êtres lourds et sans ailes qui se souviennent longtemps de telles choses.


25 Juillet 2012

mardi 24 juillet 2012

Kugelrunde Welt


Höchst selten

Wer einen feinen Rechner hat wie ich
Stellt fest: Die weite Welt quillt förmlich über
Vor bloßen Körpern, nacktem Gegenüber
Stets bildschirmfreundlich glatt und jugendlich

Oftmals posierend, doch auch scheinbar heimlich
Erhascht, damit das krude Stückchen Haut
Wie aus Versehen aus der Wäsche schaut
Und arglos wirkt, ist das auch unwahrscheinlich.

Wenn jungfräuliches Fleisch ins Blickfeld schneit
Ist es höchst selten der Natur geschuldet;
Unschuld wird auf der Welt nur kurz geduldet
Das Schlüsselwort heißt Leichtverderblichkeit.

Der Sphären Harmonie, jawohl, besticht;
Monaden sind Popöchen leider nicht.


Und doch ein Fortschritt

Erkenntnissuche kam indes noch nie
Ganz ohne virtuelle Bildchen aus;
Der spröde Rechner liefert sie frei Haus
Als Kuppler unvordenklicher Manie.

Weil Denken, so gedüngt, in sich versinkt
Und eingesogen in ein rosa Loch
Die Sinne selbst von dieser Welt jedoch
Mehr ablenkt als etwa mit ihr verlinkt

Rühm ich den Schirm, blieb sonst noch auf dem Stuhle
Die Augen tot verdreht zum leeren Himmel
Entfremdet Zeit und Raum und Weltgewimmel.

Nun aber, glänzend wie das Schwein im Pfuhle
Kehrt sich beim Denkvorgang des Leibes Hülle
Genussvoll zu der schönen Last der Fülle.

21. Juli 2012

lundi 23 juillet 2012

Naturen

Seit vielen Jahren
kämpfe ich nun gegen die Natur
um ein Stückchen Natur zu retten, denn
Natur ist mein Bonsai auch, obschon keine so
richtig natürliche, und Natur ist mein mangelndes
Bonsaiverständnis, und Natur sind die Schädlinge
oder der Pilz, von denen ich annehme, dass sie
dafür verantwortlich sind, dass in jedem Jahr
die zarten Bonsaiblättchen, kaum erschienen, auch
schon wieder zu verkümmern beginnen, gelb und
schmutzig werden und abfallen. Und dann ist es
wieder nackt, das arme Wesen, und dann sprießen
ihm erneut Knöspchen – genau wie in der Natur –
aber sieben Mal im Jahr, auch im Frühling, auch
im Sommer, seine bewundernswerten Lebenskräfte
fast erschöpfend. Und ich sehe es hilflos mit an, Jahr
für Jahr, frage mich, woran es liegt, und frage mich
ob letzten Endes nicht ganz einfach an meiner
liebenden Unfähigkeit, mit dem mir Anvertrauten
umzugehen, will sagen, an meinen Hemmungen
den Patienten dem Fachmann zu übergeben.
So verschlinge ich Literatur, die mir
nichts sagt, sprühe ängstlich
Chemie und topfe
unentwegt um
in ständig
wechselnde
Erde (denn es
gibt ja sehr
viele davon, es
gibt Erden aller
Arten) und es
hilft nichts. Die
Natur bleibt eben stärker als ich
und ich sollte mich womöglich auch noch dafür bedanken.

23. Juli 2012

dimanche 15 juillet 2012

Drei kurze Enzykliken


1. Mit brennender Sorge

Im offenen Fenster, zur sittlichen Anstalt erhoben
Stand reglos die Nachmittagssonne und drohte nicht, aber
Ließ spüren, dass es an der Zeit, und auch, wofür sie da war:
Dem, der jetzt noch zögerte, wäre sie nicht mehr gewogen.

War sie es zuvor? Der Stern selbst kennt doch nur die Routine;
Was hilft es da, wenn er die Leute durchs Fenster erschreckt?
Woher denn das Herz nehmen, woher Moment und Objekt?
So zog ich die Läden zu und zudem noch die Gardinen.


2. Fides et Ratio

Der Hund, mit seinem sicheren Flair
Noch dem letzten Idioten in Treue ergeben
Weiß vielleicht wenig vom Leben
Jedoch liebt man ihn sehr.

Nicht etwa den Stumpfsinn bewundern die Leute
Allerdings, will es scheinen, das blinde Bekennen;
Man mag es Anhänglichkeit nennen –
Jedem Hund seine Meute.

Ach, gäbe es keine behaarten Gefährten
Verblieben den Menschen einzig und allein
Ihre unbeirrbaren Mütterlein
Die sie endlos verehrten.

Doch auch ich, von den Blicken erschüttert
Möchte loben den armen verführbaren Hund:
Er kennt schließlich nicht ohne Grund
Nur die Hand, die ihn füttert.


3. Humanae Vitae

Man muss nicht klaren Kopfes sein
Man kann auch außer Sinnen
Ein neues Leben beginnen.

Man muss nur in der Lage sein
Noch etwas Lust zu spüren
Und seinen Muskel zu rühren.

Befruchtung muss nicht sinnlos sein
Ein Rausch ist nur das Hoffen
Ob nüchtern oder besoffen.


8. - 13. Juli 2012

mardi 3 juillet 2012

Klassische Arbeitsteilung

Die Götter haben kein Erbarmen
Mit ihren Lieblingen, den Armen
Die sich – falls überhaupt – die Kohlen
Noch aus der Hölle müssen holen.

Im Himmel scheint es nichts zu geben
Was ihnen hilft, sich zu erheben;
Die Hölle aber fackelt nicht
Sondern sie hält, was sie verspricht.

Der Trost, vom Himmel nachgeschmissen
Beruhigt gleichwohl die Gewissen.
Sehr schön, wie sich das alles findet:
Der Teufel hilft, und Gott begründet.

3. Juli 2012