samedi 2 avril 2022

Drei Kriegsgedichte

1. Mut

Ich habe vor vielen Jahrzehnten desertiert – nicht aus „Pazifismus“, sondern einzig und allein, weil ich mir von keinem vorschreiben lasse, wofür und wie ich zu kämpfen habe, und über meine Beweggründe auch niemanden täuschen wollte – und wurde von Freunden, die in vaterländischen Kriegen an vorderster Front standen, dafür bewundert. Ich habe das nie verstanden; ich bewunderte eher sie, denn sie waren so durchaus unmilitärisch veranlagt wie ich. Jeder bewundert, was er selbst nicht zustande bringt. Meine Kriege der heroischen Frühzeit waren im Übrigen solche gegen die meist jugendlichen Ordnungskräfte einer Diktatur, die ihrigen solche gegen ins Feld gehetzte Soldätchen von Diktatoren. Sie fanden, dass das ja ungefähr dieselben Schlachten waren; ich wiederum hielt die meinigen für deutlich ungefährlicher. Was man kennt, fürchtet man kaum. Nur wer nichts kennt, fürchtet alles.

Mut ist eine seltsame Frucht:
Was für den einen Mut ist
Ist für den anderen Feigheit.

Der Erste desertiert mutig
Der Zweite zieht mutig in den Krieg
Der Dritte wird feig in ihn hineingezogen.

Wer sich in ihm als mutig erweist
War im Frieden manchmal mutlos.
Der Krieg verändert den Menschen.

Gäbe es ihn nicht, diesen Krieg
Wüsste man also nicht viel von den Leuten
Und wie immer ist es besser, keine Ahnung zu haben.

Wenn man es aber weiß
Weiß man trotzdem noch nicht
Was angebrachter ist – Mut oder Feigheit.


2. Recht und Unrecht

Der Parteilichste tarnt sich, er tut so, als sei er das Rote Kreuz und der Papst zusammengenommen, und hat damit auch nicht ganz unrecht. Wenn es darauf ankam, standen die Schweiz und der Vatikan stets unfehlbar auf der Seite, die für sie die günstigere war, und ganz besonders dadurch, dass sie Neutralität heuchelten. Tatsächlicher Unparteilichkeit geht es nicht um das eigene Wohlergehen.

Ihr hättet gerne, dass im Kriege keiner Recht besitzt –
Derart ist jene Heiligkeit
Die immer nur dem einen nützt.
 
Der wär viel lieber liebend eingedrungen
Doch hat ihr Zieren zu Gewalt gezwungen
Und lässt sie sich nun einmal schlecht verführen
Muss sie der Liebe Feuer anders spüren.

Wer ist nun schuld an Krieg und Ungemach?
Doch nicht der Hund, dem sie ins Auge stach...


3. Unmut

Mit dem Lieben ist es auch so ein Ding. Liebe kümmert sich nicht um die Gefühle des anderen und muss es von vornherein auch nicht. Sie muss es erst, wenn sie besitzen möchte, und dieser Zwang ist ihr – wie jeder andere – eigentlich fremd. Da Liebe nun aber allzu häufig Besitz ergreifen möchte, geht es mit ihr auch allzu häufig daneben. Nur wer die Ohrfeige anstelle des Ohrfeigenden liebt, kann über Ohrfeigen erobert werden. Die Frage ist allerdings, ob es sich dann noch um Liebe zwischen Menschen handelt und nicht eher um zwei Eigenlieben, die voneinander nichts wissen wollen – oder allein das, dass dabei auch Haut auf Haut trifft, mithin das Oberflächlichste auf das Oberflächlichste.

Er wollte sie besitzen
Und warb, wie er’s verstand
Mit Mörsern und Haubitzen
Aufs offne Mutterland.

Es sind die vollen Brüste
Von Kratern übersäht;
Ach, wenn er doch nur wüsste
Weshalb sie ihn verschmäht.

Er fragt die Generäle;
Die wissen auch nicht mehr
Was diese sanfte Seele
Verführt zu Gegenwehr.

Es kann nicht einer siegen
Nur, weil er sich vernarrt;
Das Herz wird vom Bekriegen
Nur sturer und verharrt.

Und würd er sie bezwingen –
Der Liebe wär nicht viel.
Es reicht nicht zum Erringen
Das eigene Gefühl.


2. April 2022

Aucun commentaire: