lundi 11 septembre 2023

Paradiesische Zustände

1. Umzugspläne

– Wo möchtest du denn hin, Junge?
– Einfache Frage. Ins Paradies.
– Und wie kommst du hin?
– Einfache Frage. Mit dem Zug.
– Wenn das so einfach ist, wird es überfüllt sein.
– Je mehr da sind, umso besser.

Wie sehr man sich doch täuschen kann
Wenn es um das Paradies geht.
Von den Stränden im August nichts dazugelernt?


2. Dieselben Gesetze

Das Paradies, das ich zu früh gefunden
Hat sich als Kartenhaus herausgestellt –
Nicht, weil es einen Windhauch fürchten müsste
Sondern, weil ich es muss, Geschöpf der Welt.

Wer meint, dass Paradiese ewig halten
Und einem lediglich Hinauswurf droht
Verkennt die wirkliche Gefahr des Lebens
Im Paradies: den Paradiesestod.

Es ist fürs Paradies ohne Bedeutung
Ob oder wann es jäh zusammenfällt –
Ein schönres Sterben gibt es nicht auf Erden
Und auch nicht in des Himmels Lügenwelt.

Doch ich, zu lang in Sicherheit gewogen
Missachtete das einzige Gebot
Des Paradieses: Lasse dich nicht täuschen
Du nährst dich hier von unverdientem Brot.

Ich hätt es kommen sehen müssen, hätte
Mir sagen müssen: Bleib auf dich gestellt
Was immer dir geschenkt, in Paradiesen
Zählt auch nur, was auch außerhalb nur zählt.


3. Nicht den Tag noch die Stunde

Keiner weiß im voraus, wenn er zum letzten Mal
Aus einem Glas trinkt oder einem Teller isst
Bevor ihm das Geschirr aus der Hand fällt und zerbricht
Er weiß zu seinem Glück nicht, wann ihm die Hand versagt
Doch ist oft hinterher noch da, um die Scherben zu bewundern
Sich ein wenig vor ihnen zu fürchten und sich zu sagen:
Hoffentlich bleiben keine übrig, weit verstreut
Man übersieht ja so schnell
Wenn schon die Hand nicht mehr will.

Die Welt ist auch hinterher noch da
Wenn einer ihr aus der Hand gefallen ist.
Sie kann seinen Leichnam bewundern
Sich ein klein wenig davor fürchten
Und sich vermutlich auch sagen:
Hoffentlich bleibt nichts von ihm übrig, weit verstreut.
Sie übersieht ja so schnell
Wenn schon ihre Hand nicht mehr will.


11. September 2023

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