lundi 9 septembre 2019

Maximae morales

Als Goethe mal geschossen ward beim Flitzen / Geriet’s ihm gleich zum Spitzchen gegens Blitzen / Denn Goethe wusste Willkür wohl zu nützen / Im Gegensatz zu mindern Audifritzen. // Wem so geschieht, der imitiere Goethe / Ausschlachtend was der Genius ihm geboethe: / Dem Dichter dienstbar seien seine Noethe – / Die Xenie bleibt, nicht so des Zornes Roethe. // Moral: / Was lahmen Schnecken träger Schleim / Ist Dichterfürsten rascher Reim.

1. Widerlegung

Schön ist nicht, sich in der eigenen Nase zu bohren
Noch, sich am Hintern zu kratzen, wo es einen juckt
Oder zu klauben den Schmalz aus den eigenen Ohren;
Unschön tut, wer seinen Kodder einfach von sich spuckt.

Schön ist, dem Liebesobjekt in der Öffnung zu fingern
Schön, dessen Spucke zu mengen dem eigenen Speichel
Schön, mit der Zunge in ein fremdes Öhrchen zu dringen;
Hässlich ist Eigenlob; schön, dem Geliebten zu schmeicheln.

Moral:
Was du willst, dass man dir tu
Das füg dir bloß nicht selber zu.


2. Xenia, Sort of

For quite a stretch no longer underage
The old boy claimed to have been relentlessly pursued for sex
At school, a grudge now sounding like regrets.

Song bird, whether its strain be premature, or timely, or belated
Does never trill of yesteryear, poor dater
While wailers have some clockwork integrated.

The recollecting mind can’t ever be as clear as a blank sheet
Foul memories are at no time flawlessly foul indeed
And that’s the most morally painful thing in them it seems.


3. Zitate zur Avantgarde

Vollkommner Freiheit droht der Leerlauf, fehlt
Was sich als Zwang dem Sang entgegenstellt
Und doch kann Künstlerwillen nicht erhalten
Was Schöpfung braucht an überwundnem Alten.

Vom Fluch ihrer Vergeblichkeit kurierte*
Was anderweitig die Kultur verschmierte:
Sind Dramen zu Komödien erst verkommen
Dann wurde die Tragödie ernst genommen –

Nur sag das mal dem, ders nicht selber merkt.
Moral: Ohnmacht bleibt das, was Ohnmacht stärkt.


7. September 2019

* Vgl. Th. W. A.: Eingriffe, Ffm 1963, S. 64 ff.

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