samedi 17 décembre 2022

Religion

„Und mittlerweile, blöde zurudernd / Die eigene Wenigkeit.“ Vorwelt, Nachwelt
 
      Die Frage nach dem Warum stellt sich häufiger
Bei den anderen, als bei einem selbst.
Warum haben sie das nur gemacht?
Hat ihnen die alte Küche denn nicht mehr gepasst?
Ihre neue ist auch nicht schöner, ganz im Gegenteil.
      Sich selbst stellt man meist keine solche Fragen, alles
Ist so offensichtlich
Wie der eigene Herrgott
Und letztlich auch so unvermittelbar
Irgendwie gnadenlos logisch.
      Gloria in excelsis cui? Begegnet man allerdings
Berühmtheiten, haben die eine regelrechte Aura um sich:
Weil man ihr Erscheinungsbild so gut kennt
Stimmt alles bei ihnen. Alles muss so sein, man
Hat schließlich wiedererkannt.

      Ist der charismatische Onkel, den ich so gut kenne
Etwa auch von einer Aura umgeben
Wenn ich ihn mal treffe?
Kaum. Nur bei öffentlicher Bekanntheit wird sie entwickelt
Die seltene Privataura zeichnet allein die wirre Sekte aus:
      Kein Gesunder ist privat heilig, auch nicht der Würdigste;
Fremd und doch bekannt zu sein, banale Prominenz –
Das verlangt die Aura, mein Kind. Die anderen, die anderen...
Bei wahren Göttern ist es ebenso; Privatreligion ist zwar
Möglich, doch ersetzt dann die Liebe den Nimbus.
      Hätte ein unbekanntes fleischiges Körperteil der Berühmtheit
Sähen wir es nackend geoffenbaret vor uns
Etwa auch sofort Aura, und gar im Übermaße
Des aufgesprengten Himmels, oder ist diese nun einmal
Auf das öffentlich Bekannte, der Gottheit hageres Antlitz beschränkt?

      Warum hat die strahlend hergerichtete Küche der Freunde, dieses
Neue Testament, denn so gar keine Aura?
Müssten wir etwa bei Berühmtheiten eingeladen sein
Um deren Renovierungswunsch nachzuvollziehen zu können?
Ist sogar das Moderne auratisch, sobald allgemein bekannt?
      Des Überlegens ist kein Ende
Davon lebt Religion
Mehr als von Gründen
Denn die sind höchstens privater Natur
Und keine Kollektivleistung.
      Man muss an den Strahlenkranz glauben
Aber auch Gründe dafür haben –
So widersprüchlich geht es zu
Und dennoch streng und dogmatisch
Bei der Frage nach dem letzten Warum.

15. Dezember 2022

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