Wie der letzte Idiot
Wollte ich Walter Benjamins Grab besuchen.
Nicht sein Grab, sondern, genau genommen, das Monument, das
Um der gebildeten deutschen Touristen willen in dessen Nähe
______________________________________errichtet wurde.
Wie ein Idiot hab ich mich bei den Friedhöfen getäuscht.
Nicht beim Friedhof, sondern bei den Friedhöfen.
Mehreren. Zweien. Und auch noch im falschen Städtchen gelegen.
Und sogar im falschen Staat.
Ich dachte, er läge in Cerbère begraben –
Vermutlich deshalb, weil Zerberus philosophischer klingt.
Aber, so fiel es mir dann ein, er liegt ja in Portbou.
Obwohl sich das eher nach einem Ochsen anhört.
Denn ich höre es düster anschlagen bei Cerbère
Jedoch nur empfindungslos muhen bei Bou.
Hatte mir beim Hochsteigen in die falschen Friedhöfe
So die Ferse angeknackst, dass jeder weitere
Friedhofsbesuch leider ausfallen musste.
Und außerdem setze ich nun seit Jahrzehnten
Keinen Fuß mehr in das Land meiner Geburt, die
Französischen Katalanen genügen mir wirklich vollauf.
Mein Geburtsland ist seit seiner Modernisierung unerträglich
___________________________________________geworden.
Ein benjaminscher Gedanke, und gültig auch
Für das Gedenken an Walter Benjamin.
Die beiden Friedhöfe von Cerbère schauen herrlich aufs Meer
______________________________________________hinab.
Genauso, denke ich, wie der von mir leider verfehlte
Sicherlich wunderschöne Friedhof von Portbou
Auf der anderen Seite der Grenze in diesem
Neumodischen Spanien.
Walter Benjamins Schicksal lässt mich an den Ötzi denken, den
Mann vom Hauslabjoch, die Mumie von Similaun oder wie auch
______________________________________________immer
Bei dem man eben auch nicht weiß
Auf welcher Seite welcher Grenze er verwesungslos verscharrt lag.
23. September 2008
mardi 23 septembre 2008
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