“The world is blanketed with foregone deaths,
small beads of ego, bright with appetite”
Updike, Hospital, in: Endpoint
1. Orangen
Ich erinnere mich aus meiner Kindheit, dass
Man bei Krankenbesuchen Orangen mitbrachte;
Und falls nicht, dann eine Flasche Hohes C.
Die schien man nur für Krankenbesuche herzustellen.
Ich erinnere mich an die Mischung
Von fadem Krankenzimmer und Orangenduft
Doch habe nie Kranke, die man damit beglückt hatte
Diese Orange essen sehen, sie hatten nie Hunger.
Kein Wunder, der weiße Raum war überhitzt und roch nach alt.
Besucher und Kranke waren sehr wohlwollend zueinander
Niemals Widerspruch, das musste die Krankheit machen;
Und hatte jemand den Kranken zuvor Schokolade geschenkt
Lag sie auf dem Tischchen hinter der Orange – das fiel mir auf –
Und irgendwann kam der Augenblick, an dem ich gefragt wurde
Ob ich nicht davon wolle. Ich dürfe gerne. Man ging
Davon aus, dass Kinder stets Lust auf Schokolade haben
So wie damals die Handwerker Lust auf Bier.
Ich kann mich aber nicht daran erinnern, jemals mit Genuss
Die Schokolade in einem dieser Zimmer gegessen zu haben
Nie war mir gemütliche Wärme so unangenehm
Es ekelte mich beinahe an.
Ich wusste noch nichts über Krankheit, oder nur
Dass man zu Kranken immer lieb und etwas leise sein muss.
Auch die Kranken selbst waren ja immer lieb und etwas leise
Oft viel lieber und leiser als solange sie gesund gewesen waren.
Das Kranksein machte sie geschmeidig, ja seltsam dankbar:
Die Orange hätte ich gegessen, wäre sie mir angeboten worden.
Garantiert schmeckte sie hier weniger sauer als anderswo.
2. Wirksame Medizin
Man wird nicht einfach so krank, auch das wusste man früher.
Gestern noch kerngesund, und heute darniederliegend
Die herbeigerufenen Barbiere waren hilflos –
Es musste jemand dahinterstecken.
Selbstverständlich wandte man sich dann an den Fachmann
Und erfahren, wie er war, fand er bald die Schuldige.
Erst spielte er ein wenig mit der oft jungen
Und bildschönen Hexe
Wie die Katze mit der Maus
Aber endlich wurde sie, teils immer noch recht
Ansehnlich, an einen Pfahl gebunden und angezündet.
Trotz teuflischer Hilfe überlebte sie das nicht
Und der Kranke wurde sofort gesund.
Nachdem er der Kirche ein Votivbildchen gespendet hatte
Verstarb er in Eintracht mit dem Himmel.
Doch wer kennt noch solche Kunst?
21. Oktober 2025
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