mercredi 10 juillet 2019

Von Ehr und Treu


1. Pferde kotzen sehen

Der Roßtäuscher von Brassenheim täuschte einmal so dreist Roß und Reiter, dass er für ein paar Jahre nur noch durch die Gitterstäbe des Brassenheimer Zuchthauses täuschen durfte. Doch manche wollen es ja nicht besser, und so kam er reicher aus dem Turm heraus, als er in ihn hineingegangen.

Moral:

Wänn du mer ei∫<, es g e Pferd
I∫< es mer nit e Räppli wert;
Do< ∫<wör∫<, es g nummen e Kue
Krieg∫< vu mer öppes no derzue.

Die blutte Wohrhet i∫< nünt wert
No wenger wie ne lahmis Pferd.
Es Lüege het zu kurze Stoe –
So bitter i∫<, me <öt grad <oe.


2. Heldendarsteller auf sanftem Ruhekissen

Man sollte den Gnomen der Vorzeit aus Prinzip ein Maximum an Verständnis entgegenbringen, aber es gibt doch Grenzen. Zuweilen juckt es mich, besagte Grenzen auszutesten, und ich strebe nach abgelagertem Schund. So durchblättere ich seit Tagen die im Adenauerdeutschland sehr erfolgreichen und mittlerweile in den deutschen Spießerkanon aufgenommenen „Strahlungen“, worin sich drei Bände lang ein in Wehrmachtsuniform durch Paris stolzierender Gockel für einen Weltbürger hält, weil er mit den örtlichen Ekelfetzen im O-Ton plappern kann. Gleichzeitig wundert er sich, dass die unverdorbenen Kinder auf der Straße die Träublein, die der Herr mit dem Hakenkreuzadler ihnen anbietet, fast allesamt ablehnen, und schwafelt deshalb vom angeborenen Misstrauen zwischen den Menschen. Gestohlene Trauben wohlgemerkt, denn wo seine Devisen herkommen, fragt er sich nicht; feine Leute ernähren sich immer aus dem Lande, während die Eingeborenen gefälligst die Hände auszustrecken haben. Aus jeder einzelnen Zeile stinkt einem der Boche entgegen, und zwar der der allerprovinziellsten Sorte – derjenige, der meint, Opportunismus und das Benutzen von Toilettenwasser seien Zeichen von Urbanität und Klasse. Das hochtrabende Ganze dargereicht mit vielen fremden Federn und einigen eigenen Albernheiten – es gäbe mehr Proletarier als bessere Herrschaften, beispielsweise, weil man schließlich auch mehr graue als bunte Muscheln am Strand fände; mit solch spiritueller Naturkunde glänzte man zweifelsohne beim Entchendiner in der Tour d’Argent – und zum Nachtisch die schweinische Bemerkung, insofern sich das Schicksalsrad halt mal wieder gedreht habe, erwarte jetzt die Deutschen die Erfahrung der Juden: die eines „Skandalons“. Verächtlich zu sein oder verachtet zu werden kommt dem Stenz auf dasselbe hinaus. Nun, dass Talmi zum Innerlich-dagegen gehört wie Pommade zum Eintänzer, ist auch mir bekannt, doch dass man darüber geteilter Meinung sein kann, muss mit Kollektivschuld und -schande zu tun haben; und dass der alte Scholem aus privaten Gründen gewillt war, mit dieser Nummer ein paar Informationen auszutauschen, wird dann logischerweise aufgebauscht.
Gerade auch hierzulande lesen manche das Zeug mit Begeisterung, das ist wahr. Was mögen die Gründe sein? Sicherlich Lust am Tratsch und weil die finstere Zeit schnell ein Ende hatte; vor allem aber, man darf sich darüber nicht täuschen, weil man sein Bild vom deutschen Tölpel bestätigt findet. Wenn schon der stilistisch gepflegtere Teutone so stockblind und unerbittlich reinen Gewissens durch die Welt vandaliert, wie tumb muss dann erst der Rest sein... Die Lektüre des deutschen Salonlöwen befriedigt Germanophile
und Germanophobe.

Es findet der auch schofel seitens der Natur
Dass die für zwei Funktionen – die eine sublim
Die andere gemein – dasselbe Körperteil
    Bereitstellt. Gott, was stellt er sich denn vor?

Dass Sex und Exkretion sich mit demselben Winkel
Begnügen müssen, ist dem Saubermann ein Witz
Und eine Zumutung; allein, wo man mit allen
    Fünf Sinnen lebt, erkennt man gleich den Segen.

Ei, soll er sich das sentenziöse Maul, wodurch
Er freilich auch die Gänseleber in sich stopft
Dann noch bei seiner Art von Beischlaf stöpseln lassen
    Und reservier das andre Loch der Scheiße.


9. Juli 2019

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